Nach Selfie mit Gay-Bachelor in München: Priesterschüler wird aus Seminar geworfen

Nach einem gemeinsamen Foto mit "Prince Charming" Alexander Schäfer war die Priesterausbildung für Henry Frömmichen zu Ende. Der 21-Jährige wurde gefeuert, weil er auf dem Münchner Odeonsplatz mit dem Gay-Bachelor ein Selfie vor der Theatinerkirche gemacht und veröffentlicht hat.
von  AZ
Der Odeonsplatz mit der beleuchteten Theatinerkirche.
Der Odeonsplatz mit der beleuchteten Theatinerkirche. © dpa/Felix Hörhager

Henry Frömmichens Berufswunsch war es, Priester zu werden. Doch als er im vergangenen Herbst zufällig "Prince Charming" (Gay-Bachelor bei RTL) in München traf und das Foto auf Instagram hochlud, war der Traum geplatzt. Nach drei Monaten musste er das  Priesterseminar in München verlassen.

Kirche hat Problem mit schwulem Bachelor samt Priesteranwärter vor Theatinerkirche 

Der 21-jährige Schwabe habe die Kulisse am Odeonsplatz mit der Münchner Theatinerkirche im Hintergrund für das Selfie nicht bewusst gewählt, sagt er dem "Deutschlandfunk". Weiter berichtet er, dass er die Datingshow mit schwulen Männern gar nicht gesehen habe, wohl aber manche im Priesterseminar. 

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Wenig später sei er ins Büro von Wolfgang Lehner, dem Leiter des Münchner Priesterserminars bestellt worden. Das Problem: die katholische Kirche lehnt Homosexualität grundsätzlich ab; es ist eine Sünde. Wer als Mann einen Mann oder als Frau eine Frau liebt, soll keusch leben. Frömmichen sagt, ihm wurde vorgeworfen, sich mit Schwulen zu solidarisieren und Homosexualität zu propagieren. Das sei der Grund für seinen Rauswurf aus dem Priesterseminar gewesen.

Muss Priesterseminar nach drei Monaten verlassen

Henry Frömmichen habe für seinen Berufswunsch und die Teilnahme am Priesterseminar gar seine Beziehung aufgegeben. Bei der Leitung in München hatte er sich nicht direkt als schwul geoutet; man habe aber darüber gesprochen, es nur nicht explizit benannt, so der 21-Jährige.

Erst als im März 2021 der Vatikan Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Paare ablehnte, ging Frömmichen mit dem Skandal-Rauswurf an die Öffentlichkeit. Er teilte in einem Instagram-Video seine Geschichte:

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Die Pressestelle des Erzbistums München will sich auf Anfrage nicht äußern. Der Münchner Priesterseminar-Leiter Lehner auch nicht und schiebt datenschutzrechtliche Gründe vor.

Doppelmoral in der katholischen Kirche

Henry Frömmichen durfte kein Priester werden, mutmaßlich deswegen, weil er etwas öffentlich machte, was heimlich geduldet wird. Er meint im "Deutschlandfunk": "Weil es eben einfach diese Falschheit und diese Doppelmoral ist, wie es in unserer Kirche zugeht. Solange es nicht nach außen getragen wird, ist alles gut, aber das Problem ist, sobald irgendetwas im Zusammenhang mit diesem Thema an die Öffentlichkeit geht, so wie jetzt beispielsweise dieses Bild, das ich hochgeladen habe, das ist auf Instagram, das ist öffentlich, zack, wird abgesägt. Funktioniert nicht. Aber sobald nicht drüber gesprochen wird, ist alles in Ordnung. Und das wurde mir suggeriert."

Katholik wolle er weiterhin bleiben: "Diesen Gefallen tue ich der Kirche nicht, dass ich austrete und die Flinte ins Korn werfe, weil genau das ist ja das Ziel, dass sie die ja weg haben wollen, die den Mund aufmachen und sich nicht alles gefallen lassen. Ich bleibe grad erst recht in der Kirche – und schau jetzt, wie ich jetzt eben für meine Kirche kämpfen kann."

"Es ist offensichtlich, dass die Praxis ganz anders aussieht"

Für homosexuelle Priesteramtsanwärter gilt seit einem Erlass von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2005, dass sie erst gar nicht geweiht werden sollten. "Es ist offensichtlich, dass die Praxis ganz anders aussieht als es theoretisch verlautbart wird. Und ich wollte halt immer da stehen, wo mein Heimatpfarrer stand – am Altar. Und fand das immer spannend und faszinierend. Und ich war jetzt, bevor ich diese Entscheidung getroffen habe, nach München zu kommen ins Priesterseminar, in einer Beziehung und habe diese Beziehung dann auch aufgegeben für diesen Schritt", so Frömmichen enttäuscht.

Mittlerweile arbeitet der 21-Jährige wieder in seinem alten Beruf als Bestatter und will bald angewandte Psychologie studieren.

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