Marietta Slomka: "Manche Politiker geben sich viel zu wenig Mühe"

Deutschland geht es gut. Das zumindest sagen die Statistiken. Aber spiegelt sich das auch im Alltag wider? In der Dokumentation "Wie geht's, Deutschland?" begibt sich Slomka auf Spurensuche.
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Marietta Slomka fragt: "Wie geht's, Deutschland?"
ZDF Marietta Slomka fragt: "Wie geht's, Deutschland?"

Deutschland geht es gut. Das zumindest sagen die Statistiken. Aber spiegelt sich das auch im Alltag wider? In der Dokumentation "Wie geht's, Deutschland?" begibt sich "heute-journal"-Moderatorin Marietta Slomka auf Spurensuche.

Mainz - "Wie geht's, Deutschland?" fragt Marietta Slomka (44) am 3. September um 20.15 Uhr im ZDF. Auf ihrer Reise durch die Republik traf sie auf Menschen, denen es gut geht, die aber auch mit Sorge in die Zukunft blicken. Direkt im Anschluss an den Film treffen die Protagonisten der Reportage live auf prominente Vertreter aller im Bundestag vertretenen Parteien. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news sprach Slomka im Vorfeld über den Umgang mit Phrasen dreschenden Politikern.

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Zu welchem Ergebnis sind sie gekommen, wie geht es Deutschland?

Marietta Slomka: Das kommt darauf an. Aus der Vogelperspektive betrachtet, geht es Deutschland gut. Aber hinter dem großen Ganzen stehen immer Einzelschicksale, und da findet man auch viele Probleme.

Im Anschluss an die Dokumentation werden Politiker aller Parteien im Studio mit den Fakten des Films konfrontiert - und jeder wird versuchen, den Leuten nach dem Mund zu reden, oder?

Slomka: Das kann schon passieren. Keiner wird so ungeschickt sein, bei einer Live-Sendung die Sympathieträger aus der Dokumentation unfreundlich abzubürsten. Jeder wird sich verständnisvoll äußern. Die Frage ist, wie glaubwürdig das dann jeweils ist.

Studiopublikum und TV-Zuschauer stimmen in Votings über die Auftritte der Gäste ab. Wie wollen Sie verhindern, dass doch nur wieder Phrasen gedroschen werden, die vor allem gut klingen sollen?

Slomka: Auf Phrasen oder wahlkampfbedingtes Gepolter werden wir hinweisen. Da sehe ich mich als Moderatorin in der Pflicht. Außerdem kommt man im direkten Gespräch mit Bürgern mit billiger Polemik nicht weit. Das Besondere an unserer Sendung ist ja, dass es um Menschen geht, die sonst eher selten in den Medien thematisiert werden. Häufig geht es um die Extreme - also sehr arme oder sehr reiche Bevölkerungsgruppen. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, die Mittelschicht zu thematisieren. Die ist nicht immer spektakulär, spiegelt aber eben die Situation des überwiegenden Teils der Bevölkerung wieder.

Haben Sie das Gefühl, dass sich die politische Aufklärung in den Medien in den letzten Jahren verbessert hat?

Slomka: Ich versuche das jetzt schon seit ein paar Jahren und hoffe, dass es funktioniert (lacht). Das Problem ist, dass auch in den Medien jede Menge Fachvokabular auftaucht, das lässt sich kaum vermeiden. Aber man kann nicht voraussetzen, dass auch jeder sofort versteht, was mit EZB, KFW oder Eurogruppe gemeint ist.

Ist das die Schuld der desinteressierten Bürger oder der Politiker?

Slomka: Der Prophet muss zum Berg kommen, nicht umgekehrt. Insofern sind Politiker schon angehalten, eine Sprache zu wählen, die jeder versteht. Natürlich kann der Finanzminister in einem Interview nicht damit anfangen, noch einmal zu erklären, was eigentlich Inflation ist. Trotzdem finde ich, dass sich manche Politiker viel zu wenig Mühe geben, sich verständlich auszudrücken. Für mich klingt oft vieles wie auswendig gelernt. Botschaften, die mit Medienberatern formuliert wurden und dann abgespult werden. Da würde ich mir schon etwas mehr Authentizität wünschen. Andererseits kann einem Politiker jede unbedachte Aussage um die Ohren gehauen werden.

Haben Sie eigentlich irgendwann genug von Politik und Freude sich auf einen Fernseh-Abend mit seichter Unterhaltung?

Slomka: Ich schau auch gern mal seichte Unterhaltung. Aber Politik hat mich schon als Kind interessiert. Sie bestimmt unser Leben, man kann sich wunderbar darüber aufregen oder auch nicht. Was unterscheidet funktionierende Demokratien von nicht funktionierenden Demokratien? Das sind doch spannende Fragen...

... die hierzulande aber nicht gerade die Menschen auf die Straße oder in die Wahllokale treiben.

Slomka: Es ist ein Privileg, dass wir in einer funktionierenden Demokratie leben dürfen: Wahlrecht, freie Meinungsäußerung. Für meinen Geschmack wird das in Deutschland etwas zu selbstverständlich genommen. In anderen Ländern lassen Menschen gerade dafür ihr Leben.

Flächendeckendes Interesse erreicht man als Politiker in Deutschland am besten mit einer abgeschriebenen Doktorarbeit.

Slomka: Die Tendenz zur Empörung ist hier sicherlich vorhanden. Man regt sich über Plagiate in einer Abschlussarbeit mehr auf, als über den größten Abhörskandal der jüngeren Geschichte. Das ist eine eigentümliche Dynamik, die nicht immer ganz nachzuvollziehen ist. Vielleicht weil das eine leichter zu verstehen und zu belegen ist, als das andere.

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