Beim Thema Fliegen stößt Charles an seine (Umwelt-)Grenzen
Er ist einer der wohl prominentesten Verfechter und Kämpfer für die Umwelt dieser Tage: König Charles (76). Der Kopf des britischen Königshauses engagiert sich schon seit Jahrzehnten mit Herzblut für Nachhaltigkeit und Umweltschutz.
Über sein Wirken soll Anfang 2026 sogar eine Doku unter dem Titel "Finding Harmony: A King’s Vision" erscheinen. Die Botschafterin, nicht nur für seine Stiftung, sondern auch für die Doku des Königs – keine Geringere als Schauspielerin Kate Winslet.
ZDF-Königshausexpertin Julia Melchior im AZ-Gespräch
Aber wie nachhaltig lässt es sich als König tatsächlich leben? Und wie machen ihm Staatsbesuche und Co. einen Strich durch die grüne Rechnung? Die AZ hat nachgefragt – bei ZDF-Königshausexpertin Julia Melchior.
Die AZ erreicht die Journalistin im Auto auf dem Rückweg von Schloss Balmoral, der Sommerresidenz der britischen Royals in Schottland. Die Königshausexpertin dreht dort aktuell eine Doku über die verstorbene Queen, die im April 100 geworden wäre.
Melchior: "Die Royals wachsen sehr naturnah auf"
Woher kommt Charles’ große Umweltliebe?
"Die Royals wachsen natürlich einerseits sehr naturnah auf – die Sommer in Balmoral, der Park von Windsor Castle – das war schon zu Charles’ Generation so, zieht sich aber auch durch bis zu George, Louis und Charlotte (Kinder von Prinz William und Prinzessin Kate, d. Red.)", sagt Melchior der AZ.

Zudem habe der 76-Jährige eine lange Zeit gehabt, in der er als Thronfolger keine richtige Aufgabe hatte: "Er ist ein intellektueller Mann, der viel liest, politisch interessiert ist und auch eine Haltung hat. Das kannte man von seiner Mutter (Elisabeth II., d Red.) nicht." So habe Charles auch ein großes Gespür für die Themen unserer Zeit entwickelt.
Britische Bevölkerung spottet über "Ökospinner": Charles war seiner Zeit voraus
Dabei war der Monarch seiner Zeit noch lange voraus: Gerade zu Beginn erntete der Thronfolger für seine Ambitionen für die Umwelt eher Spott und Häme aus den Reihen der britischen Bevölkerung, bestätigt auch Melchior. Oftmals seien im Zusammenhang mit seinem Namen auch wenig schmeichelhafte Spitznamen wie "Ökospinner" gefallen.
Wie reagiert das britische Volk heute auf das Engagement seines Königs?
Inzwischen bringt seine Umweltliebe dem König einige Sympathiepunkte vonseiten der britischen Bevölkerung – gerade bei den Jüngeren, weiß die Königshausexpertin: "Die britische Monarchie hat ja vor allem bei den Menschen unter 30 schwer zu kämpfen – mit seinem Engagement für die Nachhaltigkeit sammelt der König da durchaus Pluspunkte."
Königshausexpertin ist sich sicher: "Er macht das aus tiefster Überzeugung"
Trotzdem – der 76-Jährige engagiere sich nicht für die Umwelt, um sich damit zu schmücken und zu rühmen, ist sich die Königshausexpertin sicher. "Er macht das aus tiefster Überzeugung." So habe sich der König über die Jahre auch großes Wissen auf diesem Gebiet angeeignet. "Er ist ein gefragter Keynote-Speaker und spricht etwa auf dem Weltwirtschaftsforum oder dem UN-Klimagipfel", so Melchior.
Wie äußert sich der Nachhaltigkeitsgedanke des Königs auch zu offiziellen Anlässen?
Selbst bei großen Staatsbanketten werden etwa die Menüs nach Umweltgesichtspunkte angepasst, sagt Melchior: "Wenn Trump oder, wie demnächst im Dezember, Bundespräsident Steinmeier kommen, dann sind die Menüs allesamt bio, aus der Region und weitestgehend sogar aus eigenem Anbau." Das habe früher noch ganz anders ausgesehen: "Da wurde sich eher geschmückt damit, etwas besonders Exotisches, Teures zu servieren, was sich nur Könige leisten konnten."
König Charles: Besuch in einem Ökodorf in Brandenburg
Auch wenn der König umgekehrt andere Länder besucht, versuche er diese Staatsbesuche immer mit dem Thema Nachhaltigkeit zu verbinden: "In Frankreich besucht er etwa ein Weingut mit biologischem Anbau oder in Deutschland einen Bauernmarkt in Berlin und ein Ökodorf in Brandenburg", so die Königshausexpertin.
Diana (†) teilte seine Leidenschaft für die Natur nicht
Teilen die übrigen Mitglieder der britischen Königsfamilie seine Begeisterung für den Umweltschutz?
"Durchaus", sagt Julia Melchior. Prinz William führt das Engagement seines Vaters fort. Etwa mit dem "Earthshot Prize", einer Art grünem Nobelpreis, den er ins Leben gerufen hat. Nur Diana (†) habe diese Leidenschaft für die Natur nicht mit Charles teilen können, sagt die Expertin.
Ganz im Gegensatz zu Camilla jetzt: "Auch sie ist in der britischen Upperclass und auf dem Land aufgewachsen, eine gewisse Naturverbundenheit liegt fast in ihrer DNA", sagt die Royal-Journalistin.
Thema Fliegen: Hier stößt Charles an seine (Umwelt-)Grenzen
Wo hält der König den Nachhaltigkeitsgedanken nicht durch?
Beim Thema Fliegen: "Das bleibt im Berufsalltag eines Königs natürlich nicht aus, wenn man die ganzen Staatsbesuche bedenkt. Es ist also nicht so, als hätte der König diesbezüglich seine Reisepläne extrem angepasst", sagt Melchior. Auch die Strecke nach Balmoral etwa legt die Königsfamilie üblicherweise mit dem Hubschrauber zurück.
Und was die altehrwürdigen Gemäuer der eindrucksvollen alten Schlösser wie Buckingham Palace oder Schloss Windsor angeht? "Solche Immobilien sind natürlich schwierig energieeffizient zu betreiben", sagt Melchior. Ergänzt aber: "Der Buckingham-Palast wird aktuell für viel Geld saniert. Dabei wird natürlich auch auf das Thema Energieeffizienz geachtet."
Weg vom "englischen Rasen", hin zu Totholz und Wildwuchs
Was hat König Charles schon messbar für die Umwelt getan?
Der 76-Jährige setzt sich beispielsweise für den Artenschutz ein. So hat sich die Königsfamilie etwa bestimmten Rinderrassen verschrieben, die vom Aussterben bedroht sind. Das sogenannte "Sussex-" oder auch "Glamorgan-Rind", ebenso wie die schottischen Hochlandrinder, sind Rassen, die wirtschaftlich wenig ertragreich und daher in ihrem Bestand gefährdet sind, weiß Melchior. Letztere züchten die britischen Royals etwa auf Schloss Balmoral, um diese spezielle Art zu erhalten.
Mit dem berühmten "englischen Rasen" ist es unter Charles’ Herrschaft auch nicht mehr so weit her: Zwar sind viele Parkanlagen der Royals nach wie vor sauber getrimmt und gepflegt – gerade, wo viele Touristen unterwegs sind.
Ebenso gebe es aber in den hektarreichen Parks der britischen Schlösser auch Bereiche, die der König ganz bewusst wild lässt: "In Highgrove, seinem privaten Landsitz, liegt etwa Totholz herum, um Raum für Insekten zu lassen", sagt Melchior. Und: Zum Geburtstag des kleinen Prinzen George hat König Charles kurzerhand einen eigenen Wald anlegen lassen.
