60 Jahre Björk: Naturgewalt mit Mikrofon
Björk ist Musikerin, Visionärin, vor allem aber: Isländerin. Ihre Heimat ist kein Hintergrund in ihrer Geschichte, sondern der Boden, aus dem alles wächst.
1965, vor nun genau 60 Jahren, wurde Björk (deutsch: "Birke") der Legende nach während eines Vulkanausbruchs geboren. Björk ging auf eine der zahlreichen Musikschulen Islands und brachte mit elf ihr erstes Album heraus. Dass sie nur einen Song darauf selbst geschrieben hatte, bereute der Kinderstar schnell - und beschloss, nie wieder fremde Musik zu interpretieren.
1992 ging Björk nach London, brachte ein Jahr später ihr erstes Soloalbum "Debüt" heraus und feierte ihren internationalen Durchbruch mit einem wilden Mix aus House, Jazz, Pop, Trip-Hop und ihrem exzentrischen Gesang. Dabei klang ihre Musik wie von einem anderen Stern, besonders in einem Jahr, in dem Ace of Base und Whitney Houston die Charts beherrschten.
Inspirationsquelle: Die rohe Natur Islands
Größte Inspirationsquelle, wie Björk in zahlreichen Interviews betont, ist die Natur ihrer Heimat. Mit Island-Klischees von Elfen und Trollen hat das allerdings gar nichts zu tun. Islands Natur ist weder süß noch kitschig, sondern roh, archaisch, kompromisslos - genau wie Björk selbst. Ihre Naturverbundenheit beschränkt sich dabei nicht nur aufs musikalische Inspiration, wie sie dem "Evening Standard" verriet: "Die Natur macht mich an. Ich finde städtische Bordellsituationen nicht besonders heiß. Das ist nur mein Geschmack ... National-Geographic-Porn."
Kaum erwähnt wird in ihrer Erfolgsgeschichte, dass Björk ihren Umzug, den kreativen Prozess des Albums und ihren Durchbruch als alleinerziehende Mutter eines damals siebenjährigen Sohnes meisterte. Für eine Isländerin keine Besonderheit. "Die Frauen auf Island sind sehr stark. Es ist also nicht so, dass wir aufhören zu arbeiten, wenn wir ein Kind bekommen", erklärte sie dem "Kaput"-Magazin. Das Land führt seit vielen Jahren Rankings zur Geschlechtergleichheit an und wählte schon 1980 die erste Präsidentin der Welt. Die Wertschätzung des Weiblichen ist tief verankert im kulturellen Denken - was sich in Björks gesamter Kunst spiegelt.
Ihr Debütalbum war nur der Anfang einer Karriere, in der sie sich mit jedem Album neu erfindet. 1997 erschien "Homogenic", das elektronische Beats mit orchestraler Atmosphäre verband. Auch ihre Offenheit für die elektronische Musik - damals von einigen verschrien als das Ende "echter" Musik - hängt mit Björks technikaffiner Heimat zusammen. Ihrer Meinung nach sind die Maschinen nicht das Problem. "Wenn keine Seele in der Musik ist, dann weil niemand sie hineingelegt hat", lautet eines ihrer berühmtesten Zitate zu dem Thema. Dasselbe gilt für KI, die sie schon 2020 genutzt hat, um das Wetter in einer Hotellobby in New York City akustisch sichtbar zu machen.
Ernüchternder Ausflug in die Schauspielerei
Zur Jahrtausendwende ließ sie sich zu einer neuen Ausdrucksform überreden: Als erblindende Hauptdarstellerin in Lars von Triers "Dancer In the Dark" brach sie dem Publikum in Cannes das Herz und erhielt die Goldene Palme als beste Schauspielerin. Unvergessen auch ihr Auftritt im eierlegenden Schwanenkleid bei den Oscars 2001. Trotz ihres Erfolgs war das Thema Schauspielerei für sie nach den emotional anstrengenden Dreharbeiten und negativen Erfahrungen mit dem Regisseur, die sie im Zuge der MeToo-Debatte Jahre später teilte, vorerst abgeschlossen.
Zurück zur Musik, wo sie sich weiterhin in bester Björk-Manier austobte: Auf "Vespertine" erschuf sie 2001 intime Klangräume, "Medúlla" bestand 2004 fast nur aus Stimmen, "Biophilia" vereinte 2011 Kunst, Natur und Technik in einer Multimedia-App. Immer wieder arbeitete Björk zudem mit anderen Musikschaffenden zusammen, darunter Thom Yorke von Radiohead, Tricky, Matthew Herbert, Madonna oder Rosalía.
Die stärkste musikalische Partnerschaft verbindet sie mit dem venezolanischen Produzenten Arca. Mit ihm machte sie 2015 "Vulnicura", ihr privatestes Album, auf dem sie die schmerzhafte Trennung von ihrem Mann Matthew Barney nach 13 Jahren Beziehung verarbeitete.
Zurück zu den Wurzeln
Im selben Jahr widmete ihr das Museum of Modern Art in New York als erstem weiblichen Popstar überhaupt eine eigene Ausstellung. Wichtiger Bestandteil dieser Ausstellung waren auch ihre bahnbrechenden Videos, für die sie mit Größen wie Chris Cunningham oder Spike Jonze zusammenarbeitete.
Nachdem sie jahrelang zwischen New York und Reykjavik gependelt war, zog sie 2019 wieder "full-time" nach Island. Die Rückkehr in die Heimat kam pünktlich zur Pandemie, wo sie ihr zehntes Album "Fossora" schrieb. Das "Pilz-Album", wie sie es nennt, dreht sich um Themen wie Wachstum, Wurzeln und Familie. Zum ersten Mal sind darauf auch ihre erwachsenen Kinder zu hören.
Björk hat die Welt gesehen und ist zurück in ihrer natürlichen Umgebung zwischen Islands Hauptstadt und schwarzen Stränden - diesmal für immer, wie sie dem "Guardian" versicherte: "Ich werde nie wieder weggehen."
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