Wirtschaftsweise: Kosten für Flüchtlinge tragbar

Wohl eine Million Flüchtlinge werden in diesem Jahr in Deutschland erwartet. Die "Wirtschaftsweisen" halten die Kosten für verkraftbar. Sie fordern aber niedrigere Hürden für Flüchtlinge, um einen Job zu bekommen. Die Vorschläge dürften nicht jedem schmecken.
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Ausbildung als großer Schritt zur Integration: Asylbewerber Omar Ceesay (r) arbeitet in einer Schreinerei in Baden-Württemberg an einer Tür. Schreiner Karl-Heinz Kübler schaut dem künftigen Lehrling zu.
dpa Ausbildung als großer Schritt zur Integration: Asylbewerber Omar Ceesay (r) arbeitet in einer Schreinerei in Baden-Württemberg an einer Tür. Schreiner Karl-Heinz Kübler schaut dem künftigen Lehrling zu.

Berlin - Deutschland kann die Herausforderungen der Flüchtlingskrise nach Ansicht der "Wirtschaftsweisen" stemmen und von der Zuwanderung auch wirtschaftlich profitieren. Die bisher absehbaren Ausgaben dürften verkraftbar sein. In ihrem am Mittwoch in Berlin vorgelegten Jahresgutachten warnen die Regierungsberater aber: "Längere Asylverfahren und eine schlechtere Arbeitsmarktintegration dürften die Kosten merklich erhöhen."

Neben schnelleren Asylverfahren sollte es einfacher werden, einen Job zu bekommen. Unter anderem fordern die fünf Top-Ökonomen Ausnahmen beim Mindestlohn.

Insgesamt dürfte die gute wirtschaftliche Entwicklung im kommenden Jahr andauern. "Durch die Flüchtlingsmigration ist es jedoch noch wichtiger geworden, die Zukunftsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft durch geeignete Rahmenbedingungen zu gewährleisten", betonte der Vorsitzende des Expertengremiums, Christoph Schmidt. Der Sachverständigenrat geht 2015 von einem Wirtschaftswachstum für Deutschland von 1,7 Prozent und für 2016 von 1,6 Prozent aus.

"Mindestlohn keinesfalls erhöhen"

Die "Wirtschaftsweisen" erwarten direkte Ausgaben der öffentlichen Hand für die Flüchtlingsmigration von 5,9 Milliarden bis 8,3 Milliarden Euro in diesem sowie zwischen 9,0 Milliarden und 14,3 Milliarden Euro im nächsten Jahr: "Angesichts der guten Lage der öffentlichen Haushalte sind diese Kosten tragbar." Eine erfolgreiche Integration erfordere erhebliche Bildungs- und Qualifikationsanstrengungen, heißt es in dem fast 500 Seiten dicken Gutachten, das der Rat an Kanzlern Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) übergeben wollte. Von einer Erhöhung des Mindestlohns von derzeit 8,50 Euro je Stunde sei abzuraten. "Der Mindestlohn dürfte für viele Flüchtlinge eine hohe Eintrittsbarriere darstellen. Angesichts des steigenden Arbeitsangebots im Niedriglohnbereich sollte der Mindestlohn keinesfalls erhöht werden", heißt es.

Lesen Sie hier: 13.000 neue Flüchtlinge in Bayern angekommen

Anerkannte arbeitsuchende Flüchtlinge sollten von Beginn an als Langzeitarbeitslose gelten. Die Ausnahme vom Mindestlohn für Langzeitarbeitslose in einer neuen Beschäftigung sollte von sechs auf zwölf Monate verlängert werden. Praktika sollten zumindest bis zu einer Dauer von zwölf Monaten vom Mindestlohn ausgenommen werden. Ein nach Alter gestaffelter Mindestlohn könnte die Eintrittshürde für junge Erwachsene senken. Flexible Beschäftigungsmöglichkeiten, etwa in der Zeitarbeit oder über Werkverträge, müssten erhalten bleiben, schlagen die "Weisen" vor: "Den Migranten sollten keine Privilegien gegenüber anderen Beschäftigten eingeräumt werden, sie sollten aber auch nicht schlechter gestellt werden."

Anreize für den Wohnungsbau

Durch die Zuwanderung werde zudem die Nachfrage nach privatem Wohnraum steigen. Daher müssten private Investitionsanreize für den Wohnungsbau gestärkt und die Mietpreisbremse wieder abgeschafft werden.

Die Effekte der Flüchtlingsmigration auf die Erwerbstätigkeit dürften aus Sicht der "Weisen" mittelfristig moderat sein. Im günstigen Fall ergebe sich bis 2020 aufgrund der Arbeitsaufnahme anerkannter Flüchtlinge ein positiver Effekt auf die Erwerbstätigkeit von bis zu 500.000 Personen. Im ungünstigen Fall sei er nur halb so groß. Dem stünden bis zum Jahr 2020 etwa 300.000 bis 350.000 arbeitslose anerkannte Flüchtlinge gegenüber.

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