Windrad-Bremse heiß umstritten

Eigentlich wollte Seehofer mit dem Atomausstieg den langen Streit um die Energiepolitik befrieden. Doch die Debatte um die Windkraft ist inzwischen beinahe ebenso aufgeladen.
von  dpa

Eigentlich wollte Ministerpräsident Seehofer mit dem Atomausstieg den jahrzehntelangen Streit um die Energiepolitik befrieden. Doch die Debatte um die Windkraft ist inzwischen beinahe ebenso aufgeladen wie einst der Streit um die Atomkraft.

München – Die von der Staatsregierung geplante Windrad-Bremse in Bayern löst heftige Debatten aus. SPD, Grüne und auch der bayerische Genossenschaftsverband kritisierten am Montag das Abrücken der Staatsregierung von ihren ursprünglichen Ausbauplänen. Zuspruch für Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) kam dagegen vom Anti-Windrad-Bündnis „Gegenwind“, einem Zusammenschluss von 99 Bürgerinitiativen, das nach eigenen Angaben 100 000 Menschen vertritt.

Das Kabinett verlangte am Montag von der Bundesregierung, den Anstieg der Strompreise „wirksam und rasch“ zu dämpfen. „Dafür ist die Senkung der EEG-Förderung für Windkraft nicht nur richtig, sondern sogar geboten“, hieß es in der Mitteilung der Staatskanzlei. Die Ökostrom-Förderung kostet Deutschlands Bürger inzwischen etwa 20 Milliarden Euro im Jahr.

„Der Zubau der erneuerbaren Energien ist sehr gut gelaufen – so gut, dass die Kosten davonlaufen“, sagte Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) der Nachrichtenagentur dpa. Seehofer hatte am Wochenende betont, dass nun Kostendämpfung und die sichere Stromversorgung Vorrang haben. Es werde auch künftig „einen gewissen Zubau“ an Windrädern geben, sagte Aigner. „Aber generell muss man fragen, ob es derzeit noch mehr volatile Energie braucht.“

Im Energiekonzept von 2011 war noch der Bau von 1500 Windrädern geplant. Die CSU-Politikerin verwies darauf, dass Windräder die Grundlastversorgung mit Strom nicht sicherstellen können.

Sobald der Bund das Erneuerbare-Energien-Gesetz novelliert hat, will die Staatsregierung in Bayern schnellstmöglich größere Abstände von Windrädern zu Wohnhäusern beschließen. Das Kabinett nahm jedoch Abstand von der Idee, die bisherigen Abstandsregeln nur noch für die Windkraftprojekte gelten zu lassen, die bis zum Tag der Kabinettssitzung schon geplant waren. Der Stichtag soll nun erst nach dem Beschluss der Bundesregierung festgelegt werden.

Vorrang vor der Windkraft hat auch die Landschaft: „Das über Jahrhunderte gewachsene typisch bayerische Landschaftsbild wollen wir nicht auf dem Altar des energetischen Förderwesens opfern“, hieß es im Kabinettsbericht. Eine Abkehr von der Energiewende sollen die Beschlüsse nicht bedeuten.

Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann sprach von einer „fatalen Vollbremsung“. Der bayerische Genossenschaftsverband ist ebenfalls verärgert. „Wir bedauern diese energiepolitische Korrektur im Freistaat“, kommentierte dessen Präsident Stephan Götzl.

Unterstützung für Seehofers Kurs kam dagegen vom Bündnis „Gegenwind“. „Die Zerstörung der bayerischen Kulturlandschaft muss unbedingt verhindert werden“, teilten die Windradgegner mit. Zu ihnen gehört der Dirigent Enoch zu Guttenberg, Vater des gestürzten Ex-Verteidigungsministers.

Die Staatsregierung räumte am Montag aber auch die Hindernisse für neue Windräder in den Regionen Landshut und Mittelfranken aus dem Weg. Proteste gab es vor allem im mittelfränkischen Langenzenn, wo nach Angaben der Beteiligten ein völlig unstrittiges Projekt wegen des fehlenden Regionalplans blockiert war.

Die Staatsregierung protestierte zudem vehement gegen das von Brüssel angedrohte Beihilfeverfahren zur Energiewende. Die EU-Kommission hält die Ausnahme energieintensiver Betriebe von der Ökostrom-Umlage für eine Wettbewerbsverzerrung und wird diese möglicherweise kippen. „Die Kommission muss sich überlegen, ob sie in schwierigen Zeiten einen Beitrag zur Arbeitsplatzvernichtung leisten will“, kritisierte Aigner.


möglicherweise kippen. „Die Kommission muss sich überlegen, ob sie in
schwierigen Zeiten einen Beitrag zur Arbeitsplatzvernichtung leisten
will“, kritisierte Aigner.

 

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