Wie fremdenfeindlich ist Ostdeutschland?

In Sachsen protestieren Bürger an der Seite von Neonazis gegen ein Flüchtlingsheim. Gibt es in den neuen Bundesländern wirklich mehr Rechtsextremisten?
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Die rechten Aufmärsche im sächsischen Heidenau befeuern die Rechtsextremismus-Debatte in Deutschland.
Die rechten Aufmärsche im sächsischen Heidenau befeuern die Rechtsextremismus-Debatte in Deutschland.

Die Anti-Asyl-Proteste im sächsischen Heidenau haben einen Streit über die Fremdenfeindlichkeit Ostdeutschlands entfacht. Die Ministerpräsidenten der neuen Bundesländer allerdings wehren sich. „Wir reden von einem gesamtdeutschen Problem, das wir gesamtdeutsch bekämpfen müssen“, betonte etwa Thüringens linker Ministerpräsident Bodo Ramelow (AZ berichtete).

Der Vorsitzende der Innenminister-Konferenz, Roger Lewentz, hingegen meint, im Osten gebe es „eine größere Bereitschaft zu einer fremdenfeindlichen Radikalisierung“ als im Westen. Und der SPD-Politiker fügt an: „Der Osten kannte über Jahrzehnte nicht den umfangreichen Zuzug aus anderen Kulturen. Das Zusammenleben mit Menschen mit Migrationshintergründen muss gelernt werden.“

Doch ist der Osten wirklich fremdenfeindlicher als der Westen?

Die Kriminalstatistik: Im vergangenen Jahr wurden bundesweit 1029 rechte Gewalttaten verübt. 409 davon wurden in Ostdeutschland gezählt – das ist ein Anteil von fast 40 Prozent. Auch bei der Zahl der rassistischen Gewalttaten lag der Osten weit vorne (61 von bundesweit 130). Dabei stellen die Ost-Länder weniger als 20 Prozent der gesamtdeutschen Bevölkerung. Rechte Angriffe auf Flüchtlingsheime wurden im ersten Halbjahr 2015 ebenfalls zu mehr als 40 Prozent im Osten registriert.

Und wie sieht es in den Köpfen aus? Forscher untersuchen seit Jahren, wie weit rechtsextreme Einstellungen in der Gesellschaft verbreitet sind. Offensive rechte Positionen finden demnach immer weniger Zustimmung. Was zunimmt, sind aber Ressentiments gegenüber bestimmten Gruppen wie Asylbewerbern. Die Wissenschaftler haben auch die regionale Ausprägung rechter Positionen ausgewertet. Das Ergebnis: Ausländerfeindliche Einstellungen gibt es überall, am ausgeprägtesten aber im Osten.

Wie profitieren rechte Parteien davon? Die rechtsextreme NPD zog 2004 in Sachsen erstmals seit 1968 wieder in ein Landesparlament ein. Heute ist die NPD nur noch im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern vertreten. In Städten und Kommunen ist sie aber noch vielerorts verankert. Außerdem schaffte es die AfD in Sachsen mit nationalen und teils rechtspopulistischen Themen mit 9,7 Prozent in den Landtag. Hinzu kommt Pegida. Die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ haben vor allem in Sachsen viele Mitglieder.

Fazit: Fremdenfeindlichkeit und rechte Gewalt sind keineswegs ein rein ostdeutsches Phänomen. Allerdings sind die Probleme im Osten stärker ausgeprägt als im Westen.

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