Wegen Winnenden: Große Koalition will Paintball-Verbot
Die Große Koalition will als Konsequenz aus dem Amoklauf von Winnenden das Schießen mit Farbkugeln verbieten. Viele Kommentatoren glauben, dass diese Maßnahme zu kurz greift oder schlichtweg falsch ist.
«Wetzlarer Neue Zeitung»: Aktionistische Verbote
Die große Koalition ist nach dem Amoklauf von Winnenden unter Zugzwang. Das geplante Paintball-Verbot soll den Druck nehmen und zielt dabei auf die Falschen. Kein ehrliches Auseinandersetzen mit der Situation an Schulen oder mit dem Alltag von Jugendlichen - auch dies würde zwar keinen garantierten Schutz vor Amokläufen bieten, ginge aber zumindest in die richtige Richtung. Stattdessen: aktionistische Verbote. Ziel verfehlt.
«Tageszeitung» (Berlin): Nicht das Spiel ist verantwortlich
Der Unterschied zu Spielen wie «Räuber und Gendarm» und Völkerball besteht hauptsächlich in der realistisch anmutenden Waffe. Auch die erstgenannten bilden zwei Mannschaften, die sich «verhaften» oder mit einem Ball am Körper treffen. Natürlich muss man unterscheiden können, ob man mit einer echten Waffe oder einem Farbgeschoss schießt.
Aber deshalb spielt man Völkerball auch in der Grundschule und gestattete Paintball bisher erst ab 18 Jahren. Wer bis zu diesem Alter noch keine Sozialkompetenz entwickelt hat, entwickelt sie auch nicht beim Paintball. Dafür ist aber nicht das Spiel verantwortlich.
«Hessische/Niedersächsische Allgemeine» (Kassel): Augenmaß ist gefordert
Natürlich ist es zu begrüßen, wenn das Waffenrecht verschärft, der Zugang zu Waffen - vor allem für instabile Persönlichkeiten - erschwert wird. Und es muss natürlich darüber nachgedacht werden, ob gewisse Spiele - sei es am Computer, sei es auf Paintball-Anlagen - Tötungshemmungen abbauen. Doch ebenso wichtig ist es eben auch abzuwägen, ob durch Verbote und Gesetzesverschärfungen nicht andere Grundrechte beschädigt werden, die Unverletzlichkeit der Wohnung etwa oder das Prinzip der Unschuldsvermutung. Außenmaß ist also gefordert. Und mehr persönliches Engagement im Kampf gegen Verrohung und Gewalt. Dies erfordert eine Kultur des Hin- statt des Wegsehens. Und vor allem mehr Erziehung.
«Pforzheimer Zeitung»: Hilflose Politik
Die Idee, Paintball zu verbieten, zeigt, wie hilflos die Politik gegenüber Amokläufen ist. Da doktert die große Koalition an den Symptomen herum, ohne an der Ursache solcher Taten auch nur das Geringste zu ändern. Der einzige Weg ist, zu verhindern, dass sich bei einzelnen überhaupt so viel Frust und Verzweiflung ansammeln können.
Nimmt man nur den Bereich der Schulen, könnten mehr Psychologen helfen oder einfach mehr Lehrer, damit die Klassen kleiner werden und die Pädagogen sowohl fachlich als auch menschlich wieder verstärkt auf den einzelnen Schüler eingehen können.
«Saarbrücker Zeitung»: Alternativen anbieten
Es gibt gute Gründe, die Vernichtung von menschenähnlichen Figuren bei Computerspielen ebenso zu bannen wie den symbolischen Abschuss von Farbkügelchen auf den Mitspieler - den man dadurch ausschalten will. Aber ist es nicht an der Zeit, von der Ächtung der Raucherei, des Übergewichts oder des Paintballspiels abzurücken und stattdessen Alternativen zur sinnvollen Freizeitgestaltung, zur sportlichen und kulturellen Betätigung anzubieten? (nz/dpa)
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