Was Seehofer wurmt
München - Schön, dass Horst Seehofer mal der Kragen geplatzt ist – vor allem: schön anzuschauen. Auch wenn es vielleicht nicht die feine Art ist, gegen Röttgen so nachzutreten: Der bayerische Ministerpräsident hat mit seiner Kritik Recht – und diese Prise Ehrlichkeit kommt in der Öffentlichkeit gut an.
Allerdings treibt Seehofer nicht nur der Ärger über Röttgen und dessen Schlappe in NRW um. Mag sein, dass er sich ernsthaft um die Berliner Regierungskoalition sorgt. Aber eigentlich kann er sich da auch an die eigene Nase fassen: Dass Schwarz-Gelb das angebliche Wählerpotenzial nicht ausschöpft, liegt auch an internen Querelen – und die werden aus München befeuert.
Siehe Betreuungsgeld, das sogar die meisten Unions-Wähler ablehnen. Oder die Vorratsdatenspeicherung, die nicht nur die FDP kritisiert. Und dass ausgerechnet Seehofer im ZDF mehr Investitionen in Verkehrsinfrastruktur fordert, ist denjenigen, die die Diskussion über die zweite Stammstrecke verfolgt haben und wissen, dass der Verkehrsminister in der CSU ist, schwer zu vermitteln.
Vielleicht wurmt Seehofer ja auch sein Bedeutungsverlust – und der der CSU: Europapolitische Vorstöße der CSU werden in Berlin belächelt und in Brüssel ignoriert. Die Position Seehofers zur Finanztransaktionssteuer ist der Koalition wurscht. Und die Zeiten einer Nebenaußenpolitik à la Strauß sind längst passé.
Seit der Wiedervereinigung ist die CSU auf dem Weg zur Regionalpartei – die seit 2008 auch noch auf einen Koalitionspartner angewiesen ist.