Was ist übrig von Seehofers Energieplänen?
Der AZ-Check: Was der Ministerpräsident angekündigt hat und was heute Stand ist
München - Wende bei der Energiewende: Vor zweieinhalb Jahren hielt Horst Seehofer euphorisch eine Regierungserklärung zur Energiewende. Er sprach von „meiner Zukunftsreise“: Er wollte Bayern nicht nur in Deutschland zur Nummer eins bei der Energietechnik machen, sondern gleich in ganz Europa. Nun ist die Begeisterung verflogen, er überlässt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) das Feld. Was ist aus dem geworden, was der Ministerpräsident damals angekündigt hat? Die AZ macht den Check.
Windkraft. „Der verstärkte Ausbau der Windenergie muss nicht nur auf hoher See, sondern auch an Land vorangetrieben werden. Der Freistaat wird auch in den Staatsforsten Flächen für Windparks anbieten“, sagte Seehofer 2011. Seehofer 2013: „Mit meinem Namen wird die Verspargelung Bayerns nicht verbunden werden können.“ Jetzt hat er bei Gabriel durchgesetzt, dass die Länder selbst die Abstände zwischen Windrädern und Siedlungen regeln können. In Bayern würde das einen Radius von zwei Kilometern bedeuten. Damit wäre der Ausbau praktisch gestoppt.
Gaskraftwerke. „Wir brauchen eine begrenzte Zahl von neuen Gaskraftwerken“, so Seehofer damals. Wenn keine Sonne scheint und kein Wind weht, sollten fünf neue Gaskraftwerke für Strom sorgen. Doch das Projekt löst sich in Luft auf. Eon will seine Gaswerke lieber stilllegen, weil sie nicht rentabel sind. Der österreichische Konzern OMV winkte ab. Auch die Russen mit Gazprom, auf die er so gehofft hatte, lassen ihn hängen.
Pumpspeicherkraftwerke. Seehofer 2011: „Zur Energiewende gehört ... der Bau neuer Pumpspeicherkraftwerke.“ Bei einer Besichtigung in der Schweiz wenig später schwärmte er, „was man mit Einfallsreichtum machen kann“. Daheim gefällt ihm diese Idee später aber gar nicht mehr. Beim geplanten Pumpspeicherkraftwerk am Jochberg gibt er sich als Bergretter: „Wir müssen nicht alles zubetonieren.“
Energieagentur. Eine Koordinierungsstelle als Dreh- und Angelpunkt für die Energiewende versprach er. Nun ist sie still und leise eine ganz normale Abteilung in Ilse Aigners Wirtschaftsministerium geworden.
Wüstenstrom. „Und ich habe das internationale Mega-Projekt ,Desertec’ nach München geholt. Schon in diesem Jahrzehnt soll der erste Wüstenstrom aus Afrika nach Europa fließen“, so Seehofer damals. Dem Projekt liefen zuletzt die Mitglieder davon. Siemens und Bosch sind ausgestiegen. Wenn überhaupt, ist nun das Jahr 2050 angepeilt, bis Strom aus Nordafrika fließen könnte. Damals hatte Seehofer vor dem Landtag erklärt: „Ein Politiker darf, er muss seine Einstellung ändern, wenn es einen neuen Erkenntnisstand gibt. Eine veränderte Bewertung ist besser als Rechthaberei.“
Gemeint hatte er damit den Ausstieg aus dem Wiedereinstieg in die Atomenergie. Ganz aufgegeben hat Seehofer das Thema noch nicht: Gestern stellte er ein gemeinsames Papier mit dem grünen Nachbarn Winfried Kretschmann vor. Und Aigner sagte zur Kritik der Opposition („Die Energiewende steht auf der Kippe“): „Wir wollen sie mit unserer Heimat und nicht gegen sie.“