Verrohung im Wahlkampf: Experten-Duell zwischen Militärexperten Masala und AFD-Verteidigungssprecher Lucassen bei Markus Lanz eskaliert

Am Dienstagabend lud Markus Lanz den AFD-Sprecher Rüdiger Lucassen ein, um mit ihm über die zunehmende Verrohung im Wahlkampf, die Spionage-Affäre und die Russland-Liebe seiner Partei zu reden. Es ging hoch her. Vor allem der Münchner Militär-Experte Carlo Masala ließ sich von Lucassen nichts gefallen.
von  Viktoria Hausmann
Große Runde: Markus Lanz, Rüdiger Lucassen (AfD), Antonie Rietzschel (Leipziger Volkszeitung), Herfried Münkler (Politologe) und Carlo Masala (Militärexperte Uni BW) (v.l.n.r.)
Große Runde: Markus Lanz, Rüdiger Lucassen (AfD), Antonie Rietzschel (Leipziger Volkszeitung), Herfried Münkler (Politologe) und Carlo Masala (Militärexperte Uni BW) (v.l.n.r.) © ZDF

Hamburg - Am Dienstagabend ging es bei Markus Lanz unter anderem um Außenpolitik, die anstehenden Wahlen im Osten und den Spionage-Skandal in der AfD. Eingeladen waren Rüdiger Lucassen (Verteidigungspolitischer Sprecher der AfD), Antonie Rietzschel (Leipziger Volkszeitung), Herfried Münkler (Politologe), Carlo Masala (Universität der Bundeswehr München). Es wurde zeitweise turbulent. Dennoch ließ sich Lucassen nicht aus der Reserve locken. Carlo Masala entlarvte immerhin seine widersprüchlichen Aussagen über die Russland-Politk der AfD. 

"In erster Linie ist natürlich die Regierung verantwortlich": Lucassen weist Schuld im Fall Ecke von seiner Partei

Zu Beginn der Sendung spricht Markus Lanz Rüdiger Lucassen als Erstes auf den am Wochenende verletzten SPD-Politiker Matthias Ecke an. Lucassen verurteilt den Vorfall zutiefst: Ihm käme als Erstes in den Sinn, " dass Angriffe gegen Personen überhaupt nicht gehen. Egal, welcher Couleur sie sind. Da ich als AfD-Politiker leider auch Erfahrung damit habe, weiß ich, wie es ihm ergangen sein muss." Gegen die AfD seien die meisten solchen Vorfälle zu verzeichnen, so der verteidigungspolitische AfD-Sprecher. "Denn Zusammenhang kann ich jetzt nicht erkennen. Sie sagen, das hat mit allen anderen zu tun, aber nicht mit ihnen", antwortet Lanz. "Es hat mit allen zu tun, die in der Politik sind. In erster Linie ist natürlich die Regierung verantwortlich", erwidert Lucassen.

"Je nachdem was ich hier sage, ab zwei Uhr nachts ist meine Mailbox voll": Masala über "Verrohung des Diskurses"

Carlo Masala erzählt von Bedrohungen durch Querdenker, denen er während Corona ausgesetzt war: "Ich habe teilweise Vorträge unter Polizeischutz gehalten", sagt der Politikwissenschaftler. Er kenne auch sehr viele betroffene Kollegen. Es wäre mittlerweile vollkommen normal auf unliebsame Meinungen mit aggressiven Worten, bis hin zu Morddrohungen zu reagieren: "Je nachdem, was ich hier sage, ab zwei Uhr nachts ist meine Mailbox voll." Der Wendepunkt habe mit der Ermordung von Walter Lübcke begonnen. "Wir haben eine Verrohung des politischen Diskurses. Das sind nicht nur Randphänomene, das geht mittlerweile bis weit in die Mitte der Gesellschaft rein." Da schaltet sich der AfD-Mann ein: Auch ihm würde bei vielen Veranstaltungen viel Hass entgegenschlagen, so Lucassen. In einem Ort hätten Demonstranten folgende Plakate hochgehalten: "Ganz Eintorff hasst die AfD. Da sag ich nur finde den Fehler", beschwert sich der Bundestagsabgeordnete.

Ist "bewusst rechts": Rüdiger Lucassen (AfD)
Ist "bewusst rechts": Rüdiger Lucassen (AfD) © ZDF

"SA-ähnliche Schlägertrupps":  Rietzschel und Lanz streiten über rechtes Framing

Rietzschel und Lanz fachsimpeln kurz darüber, welche Partei die meisten Übergriffe erfährt. Die Grünen (in absoluten Zahlen) oder die AfD (bei Vergehen gegen Einzelpersonen). Markus Lanz kritisiert, dass im Fall Ecke sofort von "rechten Tätern" gesprochen wurde. Ohne Beweise dafür zu haben, das würde nur das "Opfernarrativ der AfD fördern", so der Moderator. Rietzschel widerspricht, wird von ihm aber auf Begriffe wie "SA-ähnliche Schlägertrupps" angesprochen. Die Journalisten begründet die Verwendung solche Begriffe mit den sogenannten "Baseballschläger-Jahren", in den Neo-Nazis vermehrt Linke und ausländische Mitbürger angegriffen hätten. Die Erinnerung sei in Sachsen präsent. Carlo Masala eilt ihr zu Hilfe: "Die AfD ist weit vorne, wenn es darum geht Menschen zu delegitimieren." Es gäbe zwar eine allgemein negative Haltung zur AfD, aber wenn um es üble Beleidigungen und "Dehumanisierung" gehe, z.B. über Ricarda Langs Aussehen oder Marie-Agnes Strack-Zimmermann sei die Partei "überproportional repräsentiert".  

"Ich sag nicht, dass es bei den anderen nicht solche Fälle gibt, aber bei ihnen ist es überproportional": Masala geht Lucassen an

Das Lucassen nicht so stehen lassen: "Dann auch den Scheißhaufen und die Fliegen drauf". ruft er wütend. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) hatte seine Partei in einer Rede so bezeichnet. Masala versucht ihn zu ignorieren: "Ich sag nicht, dass es bei den anderen nicht solche Fälle gibt, aber bei ihnen ist es überproportional", erwidert er kühl. Damit ist der Grundstein für das Duell Lucassen Masala gelegt. Als im weiteren Verlauf der Diskussion um das Infrage stellen der Demokratie und ein AfD-Verbot geht, regt sich Lucassen auf. Dass linke Demonstranten seine Partei als Nationalsozialisten bezeichnen würden, sei historisch falsch, sagt der ehemalige Oberst: "Dann sitzen sie hier mit einem Nationalsozialisten zusammen. Haben Sie sich das genau überlegt. Das ist doch Quatsch" Da kann Masala nicht ruhig bleiben: "Das Problem ist, dass wir hier mit einem der wenigen gemäßigten Mitglieder ihrer Partei sitzen." 

"Gehöre bewusst einer rechten Partei an": Lucassen provoziert Masala

Als um den Fall Maximilian Krah und den Fall Petr Bystron geht, die Lucassen relativiert ("Es gibt keine Beweise!") wendet er sich noch einmal bewusst an den Professor der Münchner Bundeswehr-Uni: "Ich gehöre bewusst der AfD an. Ich gehöre bewusst einer rechten Partei an. Mit allen einzelnen Aspekten, die in der Partei sind und wenn das jemand beurteilen kann, Herr Masala, bin ich es", sagt der Abgeordnete mit einem Seitenblick auf den Militärexperten, der leicht irritiert zu ihm hinübersieht. Als Lanz ihn weiter wegen Krah löchert, grinst Lucassen nur: "So möchten etwas herauskitzeln, Herr Lanz! Aber da gibt es nichts zu kitzeln!"

War von Lucassen wenig beeindruckt: Carlo Masala
War von Lucassen wenig beeindruckt: Carlo Masala © ZDF

"Wie kann man den als Patriot in so einer Partei sein?": Masala konfrontiert Lucassen mit Russland-Aussagen. 

Es folgt der Höhepunkt der Sendung beim Thema Ukraine Krieg: Markus Lanz und später auch Carlo Masala konfrontieren Lucassen mit verschiedenen Aussagen Putins, die die Expansion Russlands betreffen: "Wie kann man denn als Patriot in einer Partei sein, die ein fremdes Land unterstützt, dass sich nach West-Europa ausdehnen möchte? Von Lissabon bis Wladiwostok ist doch eine alte Sowjet-Terminologie?", fragt Masala fast fassungslos. Für den Militärexperten ist es mit Patriotismus unvereinbar, fremde Interessen zu unterstützen, die Deutschland benachteiligen.

Später geraten beide erneut beim Thema Waffenlieferungen aneinander:  Lucassen ist gegen Waffenlieferungen, mit der Begründung, dass man Russland nicht besiegen könne, man solle stattdessen Friedensverhandlungen aufnehmen.  Masala geht den AfD-Politiker daraufhin erneut an: "Als Soldat wissen sie, dass eine Seite den Krieg weiterführt, wenn sie glaubt, dass sie gewinnen kann. Und Putin sitzt momentan am längeren Drücker und lässt die Welt wissen, dass er kein Interesse an Verhandlungen hat", erklärt er. Eine entlarvende Äußerung, nur geht sie in einem kurzen Hickhack um die Motive dahinter und das Zögern von Olaf Scholz unter. Dann ist die Sendezeit auch schon rum.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.