Verjubelt Merz die Milliarden? Brisantes Schreiben zum Sondervermögen setzt Kanzler unter Druck
Friedrich Merz war noch nicht einmal im Kanzleramt angekommen, da brach er schon das erste Mal ein zentrales Wahlversprechen. Noch während der Vorverhandlungen über die Bildung einer Koalition einigte er sich mit den Sozialdemokraten darauf, die Schuldenbremse auszuhebeln.
Für die Aufrüstung der Bundeswehr gibt es kein finanzielles Limit mehr nach oben, für die Generalüberholung von Straßen, Schienen und Schulen leiht sich der Staat 500 Milliarden Euro. Im Wahlkampf hatte sich Merz noch zur sparsamen Haushaltsführung bekannt. Nun könnte der doppelte Wortbruch binnen kurzer Frist folgen.
Befürchtung: Schwarz-rot will sich Luft im regulären Etat verschaffen
Derzeit arbeiten die Ministerien unter Hochdruck an der Aufstellung des Haushalts für das laufende Jahr. Wegen des Platzens der Ampel-Koalition und der Neuwahl ist das bislang nicht geschehen.
Die neue Koalition kann dabei schon auf die Kredite aus dem Sondervermögen für die Infrastruktur zugreifen. Bereits während dessen Einrichtung gab es die Befürchtung, dass Schwarz-Rot die zusätzlichen Kredite nutzt, um sich Luft im regulären Etat zu verschaffen. Deshalb drangen die Grünen erfolgreich darauf, dass die Gelder aus dem Sondervermögen zusätzlich zu den ohnehin vorgesehenen Ausgaben für die Sanierung von Bahngleisen, Autobahnasphalt oder die Verlegung schneller Internetkabel eingesetzt werden müssen.
In einem Rundschreiben fehlt ein entscheidendes Wort
Doch in einem Rundschreiben aus dem Finanzministerium, das der AZ vorliegt, fehlt eben jenes entscheidende Wort: "zusätzlich". In dem Papier heißt es: Die einzelnen Haushaltspläne der Ministerien "sind um die Maßnahmen, die zukünftig im Sondervermögen gemäß Artikel 143h des Grundgesetzes finanziert werden, abzusenken. Sie reduzieren den jeweiligen Plafonds in gleichem Maße."
Das Finanzministerium weist außerdem die drei Ressorts für Wirtschaft, Verkehr und Forschung an, ihre Investitionen um die Maßnahmen abzusenken, "die zukünftig im Klima- und Transformationsfonds (KTF) finanziert werden". Der KTF ist eine weitere Extrakasse des Bundes, aus der beispielsweise die Förderung von Wärmepumpen finanziert wird.
Auch dieser Fonds bekommt nun pro Jahr einen Zuschuss von 10 Milliarden Euro aus dem neuen Sondervermögen.
Grüne: "Merz droht im Haushalt nur zu tricksen"
Grünen-Chefin Franziska Brantner verlangt von Union und SPD deshalb, die Wähler kein zweites Mal zu täuschen. "Erst hat Merz versprochen, keine Schulden zu machen. Dann macht er massiv Schulden, aber versprach im Grundgesetz, dies nur für zusätzliche Investitionen in unsere Infrastruktur zu tun", sagte Brantner der AZ. "Und jetzt droht er dieses Versprechen auch wieder zu brechen und im Haushalt nur zu tricksen."

Klingbeil kann Spielraum gut gebrauchen
Für Deutschland wäre das das Schlechteste, so Brantner. Die Grünen hatten seinerzeit die Errichtung des Sondervermögens unter der Bedingung der Zusätzlichkeit mitgetragen, für die das Grundgesetz geändert werden musste.
Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) kann Spielraum im Haushalt gut gebrauchen. Beide Koalitionspartner haben den Unternehmen Erleichterungen zugesagt. Klingbeil hat sich unmittelbar an die Umsetzung gemacht und wird schon am Mittwoch einen Gesetzentwurf über Sonderabschreibungen in das Kabinett einbringen. Er regelt außerdem eine neue Förderung für den Kauf von Elektroautos.
Fachleute: Wirtschaft wird im laufenden Jahr um 2,5 Milliarden Euro entlastet
Die Fachleute im Ministerium gehen davon aus, dass die Wirtschaft im laufenden Jahr um 2,5 Milliarden Euro entlastet wird, kommendes Jahr sollen es acht Milliarden sein. Ab 2028 soll dann laut der schwarz-roten Verabredung schrittweise die Körperschaftsteuer gesenkt werden.
"Der Wachstumskurs hat hohe Priorität", heißt es aus Klingbeils Haus. Bis zur Sommerpause hat sich die neue Regierung zudem vorgenommen, die Strompreise zu senken.
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