"Vatileaks": Ex-Kammerdiener des Papstes vor Gericht
Der angeklagte Ex-Kammerdiener des Papstes, Paolo Gabriele, wird am Dienstag vom Tribunal im Vatikan befragt.
Rom - Das Gerichtsverfahren zur Enthüllungsaffäre "Vatileaks" könnte ein kurzer Prozess werden. Möglicherweise bleibt es bei vier Verhandlungstagen. Das Tribunal im Vatikan will am Dienstag den angeklagten ehemaligen Kammerdiener des Papstes, Paolo Gabriele, befragen.
Das berichteten vom Vatikan zugelassene Prozessbeobachter am Samstag nach dem Auftakt. Kardinal Velasio De Paolis trat allen Spekulationen entgegen, wonach der Ex-Kammerdiener Mittäter hatte.
Bei Gabriele waren vertrauliche Dokumente gefunden worden, die teils direkt vom Schreibtisch des Papstes stammten. Ihm wird schwerer Diebstahl vorgeworfen. Dafür drohen ihm bis zu vier Jahre Haft, sollte er nicht von Benedikt XVI. begnadigt werden.
Es sei möglich, dass vier Verhandlungstage in der nächsten Woche ausreichten, zitierten sie den Präsidenten des vatikanischen Tribunals, Giuseppe Dalla Torre. Vatikansprecher Federico Lombardi betonte jedoch, es gebe kein Datum für das Ende des Prozesses. Der Gerichtspräsident habe allerdings den Wunsch, das Verfahren zügig voran zu bringen.
Der 46-jährige verheiratete Vater von drei Kindern erschien im grauen Anzug und weißen Hemd perfekt gekleidet vor Gericht. Er sei "wie aus dem Ei gepellt" gewesen, sagten Beobachter. Er habe angespannt, aber gefasst gewirkt. Gabriele wurde im Mai festgenommen, saß rund zwei Monate in Untersuchungshaft und steht nun unter Hausarrest.
Als einer der Zeugen ist der Privatsekretär des Papstes, Georg Gänswein, benannt. Ferner stehen sechs Gendarmen und eine Hausdame aus dem Haushalt des Papstes auf der Zeugenliste, wie der Vatikan nach der gut zweistündigen Verhandlung mitteilte. Außer Vertretern der Vatikan-Medien "Osservatore Romano" und Radio Vatikan waren nur acht Journalisten in dem kleinen Gerichtssaal hinter dem Petersdom zugelassen.
In der Affäre waren seit Jahresbeginn immer wieder brisante Dokumente aus dem Vatikan an die Öffentlichkeit gesickert. Unter anderem ging es um die Befürchtung von Korruption, um undurchsichtige Geschäfte der wiederholt in Verruf geratenen IOR-Bank des Vatikans und um ein angebliches Mordkomplott gegen den Papst.
Laut Anklage wollte der "Paoletto" genannte Kammerdiener auf schädliche Entwicklungen im Kirchenstaat aufmerksam machen. Hinter der Affäre "Vatileaks" werden aber Machtspiele innerhalb des Vatikan vermutet. Der Buchautor Gianluigi Nuzzi, der geheime Dokumente veröffentlichte und seinen Informanten "Maria" taufte, sagte, der Kammerdiener sei "eine meiner Quellen" gewesen.
Kardinal Velasio De Paolis wies am Sonntag in einem Interview mit der Tageszeitung "La Repubblica" jedoch Spekulationen zurück, dass Gabriele Mittäter gehabt haben könnte. "Die Fakten bis heute sagen, dass Gabriele allein gehandelt hat", sagte der Jurist, der auch dem vatikanischen Kassationsgerichts angehört. Der mitangeklagte Informatiker Claudio Sciarpelletti, dessen Verfahren zum Prozessauftakt angetrennt wurde, habe eine untergeordnete Rolle gespielt. Bei ihm war ein Umschlag mit Papieren gefunden worden, die aber nicht geheim waren. Laut Lombardi soll dieser Prozess erst nach Abschluss des Gabriele-Verfahrens weitergehen.
Die Ermittler hatten bei Gabriele 82 Kisten mit Papieren sichergestellt. Einige davon hätten mit der Anklage in Verbindung gestanden, sagte Lombardi. Viele habe Gabriele aber aus persönlichem Interesse etwa aus dem Internet ausgedruckt.
Außer den Dokumenten waren bei Gabriele ein auf Papst Benedikt XVI. ausgestellter Scheck über 100 000 Euro, ein Goldklumpen - der möglicherweise gar nicht aus Gold ist - sowie ein wertvolles Buch aus dem 16. Jahrhundert gefunden worden. Diese Geschenke an den Papst habe er zurückbringen wollen, gab Gabriele an.
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