Trump telefoniert mit Putin und empfängt Selenskyj

Die Ukraine erhofft sich von Präsident Trump eine Freigabe für den US-Marschflugkörper Tomahawk. Trump hat sich bislang nicht festgelegt. Dann kommt unerwartet ein Telefonat mit Putin.
von  dpa
Trump und Selenskyj treffen sich an diesem Freitag erneut im Weißen Haus. (Archivbild)
Trump und Selenskyj treffen sich an diesem Freitag erneut im Weißen Haus. (Archivbild) © Julia Demaree Nikhinson/AP/dpa

Nach der erfolgreichen Besiegelung einer Waffenruhe im Nahen Osten wendet sich US-Präsident Donald Trump nun wieder verstärkt dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu. Der Republikaner will sich "wahrscheinlich in den nächsten zwei Wochen" in Budapest mit Russlands Präsident Wladimir Putin treffen, wie er nach einem Telefonat mit dem Kremlchef mitteilte. Bereits im August hatten sich die beiden Staatschefs in Alaska gesehen - ohne den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und ohne greifbares Ergebnis. Auch jetzt ist unklar, welche Rolle Selenskyj dieses Mal spielen wird.

Der ukrainische Präsident ist derzeit zu Besuch in den USA, wo am heutigen Freitag ein Treffen mit Trump im Weißen Haus geplant ist. Das Putin-Telefonat bringt eine neue Dynamik - denn eigentlich hatte sich der Plan des Ukrainers bereits abgezeichnet. Dieser erhofft sich von Trump eine Freigabe für den Verkauf des US-Marschflugkörpers Tomahawk, der eine hohe Reichweite hat. Damit könnte die Ukraine offensiver gegen den russischen Angriffskrieg vorgehen. Doch ob es so kommt, ist ungewiss. 

Selenskyj und US-Vertreter betonen immer wieder, dass man die russische Führung nur mit einer Politik der Stärke zum Einlenken zwingen könne. Zugleich sagt Trump, auch sein Land selbst brauche die Tomahawks.

Trump versuchte schon lange, als Vermittler im Ukraine-Krieg zu intervenieren. Bisher ohne größeren Erfolg. Ursprünglich hatte Trump nach dem Alaska-Treffen anvisiert, dass es in den Verhandlungen um ein Ende der Kämpfe zu einem Dreiertreffen kommt - doch das fand nie statt.

Russland hatte den Krieg im Februar 2022 mit einem Angriff auf die Ukraine begonnen. Seitdem gehen die Kämpfe unerbittlich weiter.

Selenskyj trifft sich mit Rüstungsunternehmen

Hinsichtlich der für den Freitag geplanten Gespräche mit US-Präsident Trump verlieh Selenskyj seiner Hoffnung Ausdruck, dass ähnlich wie beim Konflikt im Nahen Osten auch bei Russland eine Sprache der Stärke zum Erfolg führen werde. "Wir sehen bereits, dass Moskau sich beeilte den Dialog zu erneuern, sobald es von den Tomahawk(-Marschflugkörpern) hörte", schrieb der Ukrainer nach dem Bekanntwerden des Telefonats zwischen Trump und Putin. Später teilte er bei Telegram mit: "Jede Entscheidung, die uns stärken kann, bringt das Ende des Krieges näher. Sicherheit kann garantiert werden, wenn alles, was wir vereinbaren, insbesondere in Washington, umgesetzt wird." 

Selenskyj war bereits am Donnerstag in der US-Hauptstadt Washington eingetroffen. "Heute gibt es noch Treffen mit Vertretern von Rüstungsunternehmen und das sind Hersteller mächtiger Waffen, die unsere Verteidigung unbedingt stärken werden", teilte der Staatschef auf sozialen Netzwerken am Donnerstag mit. Dabei werde es Gespräche über zusätzliche Lieferungen von Flugabwehrsystemen geben. Vor dem Hintergrund der durch russische Angriffe hervorgerufenen Energiekrise in der Ukraine seien auch Treffen mit Vertretern US-amerikanischer Energieunternehmen geplant. Der Fokus am Freitag sollte auf den Tomahawks liegen.

Warum die Ukraine Tomahawks will

Die von einer US-Firma hergestellte Präzisionswaffe Tomahawk für Fernangriffe könnte von der Ukraine aus weit ins russische Territorium hineingeschossen werden. Russland hat wiederholt vor einem solchen Schritt gewarnt und greift ungeachtet weiter Ziele in der Ukraine an.

Vor Tagen sagte Trump über die Ukraine: "Sie wollen in die Offensive gehen. Ich werde eine Entscheidung dazu treffen". Unklar blieb, wann sie genau erfolgt. Der US-Präsident blieb vage. Man schaue sich auch andere Optionen an. Es ist unklar, wie sehr das Telefonat mit Putin die Lage beeinflusst. 

Russland bringt angebliche nukleare Gefahr ins Spiel

Im Zusammenhang mit Tomahawks brachte Russland zuletzt eine angebliche nukleare Gefahr ins Spiel. Der Vizechef des nationalen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, hatte bei Telegram geschrieben: "Die Lieferung dieser Marschflugkörper könnte für alle schlecht ausgehen. Und vor allem für Trump selbst." Beim Anflug sei nicht erkennbar, ob ein Tomahawk-Marschflugkörper nuklear bestückt sei oder nicht. Nach Angaben der US-Kongressbibliothek von Mitte September verfügen die USA allerdings seit 2013 nicht mehr über Tomahawks, die nuklear bestückt werden können.

Trump schränkt ein: Unser Land braucht auch Tomahawks

Bereits vor einigen Tagen hatten Trump und Selenskyj telefoniert. Der US-Präsident hatte Journalisten gesagt, man habe sich über Waffen unterhalten - Namen nannte er nicht. Er betonte, dass die USA Waffen an die Nato lieferten, das Verteidigungsbündnis dafür bezahle und sie an die Ukraine weitergebe. Das könnte theoretisch auch bei Tomahawks in Betracht gezogen werden.

Trump sagte nach dem Telefonat mit Selenskyj, dass die Ukraine mehr Waffen wolle - man prüfe, ob dies möglich sei. "Wir hoffen, dass wir ihnen diese Waffen zur Verfügung stellen können." Um welche Waffen es sich handelte, machte Trump nicht klar. Er betonte aber zugleich: "Unser Land braucht auch Waffen. Wir können nicht so viele Waffen abgeben, dass wir selbst keine mehr haben." Das betonte er am Vortag des Treffens nochmals ausdrücklich und dämpfte damit Erwartungen: "Wir brauchen für die USA auch Tomahawks."

Mehr Rüstungshilfe aus Europa

Selenskyj kommt nach Washington mit Rückenwind aus Europa. Beim Treffen der Nato-Verteidigungsminister am Mittwoch in Brüssel erhielt er Zusagen für noch mehr Rüstungshilfe. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und sein britischer Amtskollege John Healey kündigten Rüstungskooperationen an. US-Verteidigungsminister Pete Hegseth erhöhte unterdessen den Druck auf den Kreml. Sollte Moskau nicht zu einem baldigen Frieden bereit sein, würden die USA und ihre Verbündeten dafür sorgen, den den Krieg für Russland richtig teuer zu machen, drohte der Pentagon-Chef.

Trump: Indien will kein Öl mehr aus Russland kaufen

Trumps Strategie, Druck auf Handelspartner Russlands auszuüben, zeigt nach seinen Worten inzwischen Wirkung. So wolle Indien künftig kein Öl mehr aus Russland beziehen und damit der Forderung Washingtons nachgeben, sagte der US-Präsident. Die USA hatten Indien im August mit Strafzöllen belegt, weil das Land Energiehandel mit Russland betreibt. Die USA wollen diesen stoppen, um Russland wirtschaftlich zu schwächen und damit die Finanzierung des Kriegs in der Ukraine zu erschweren. Öl- und Gasexporte sind für Russland eine wichtige Einnahmequelle.

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