Thorsten Schäfer-Gümbel: Ein Verlierer mit Zukunft
Trotz miesem Ergebnis bei der Hessen-Wahl: Thorsten Schäfer-Gümbel ist die neue Hoffnung der hessischen Sozis. Denn er hat sich bei den Hessen rasant ins Bewusstsein gebracht - und hat die dankbare Hessen-SPD im Rücken.
Die Szene auf der SPD-Wahlparty ist bezeichnend: Landeschefin Andrea Ypsilanti bahnt sich mit versteinerter Miene den Weg vor zum Podium. Hinter ihr, mit gesenktem Blick, Thorsten Schäfer-Gümbel. Vor fast genau einem Jahr, da riefen die Menschen „Ypsilanti, Ypsilanti!“ Heute schallt es „TSG, TSG“ aus den Reihen der Sozis. Aber noch ist es ihr Auftritt – bis sie den Rücktritt von allen Ämtern erklärt. „Ich danke Thorsten Schäfer-Gümbel für seinen unermüdlichen Einsatz“, sagt Ypsilanti. Jubel und Applaus, doch Schäfer-Gümbel zwingt sich nur mühsam ein Lächeln ab. Er ist gescheitert, wie alle es erwartet haben. Und doch waren diese drei Monate für Thorsten Schäfer-Gümbel vielleicht die wichtigsten seines Lebens.
Denn er hat sich bei den Hessen in einer Rasanz ins Bewusstsein gebracht, wie es vor ihm noch keinem Polit-Nobody gelungen ist. Und er hat die dankbare Hessen-SPD im Rücken, die zwar mit dem desaströsen Ergebnis von 23,5 Prozent in die nächste Legislatur startet – aber dafür mit einem kampferprobten neuen Fraktionschef.
"Bayerische Lebensfreude mit preußischen Tugenden"
„Ich vereine bayerische Lebensfreude mit preußischen Tugenden“, sagt Thorsten Schäfer-Gümbel über sich. Der 39-jährige Politologe, Sohn einer Allgäuer Bauerstochter und eines Gießener Zeitsoldaten, wächst in kleinen Verhältnissen auf. Thorsten Schäfer-Gümbel ist der einzige Akademiker der Familie. „Ich wusste, wenn ich Abitur mache, ist meinen Geschwistern dieser Weg verschlossen“, sagt er der AZ.
Vielleicht erklärt dieser Hintergrund seine sehr linken Zeiten bei den Jusos. Einmal drohte ihm sogar der Parteiausschluss, als er drohte, den Hund „Lupo“ zu vergiften – aus Protest gegen die Abschiebung kurdischer Flüchtlinge aus Hessen. Die Radikalinski-Ideen habe ihm seine Frau Annette ausgetrieben, erzählt der Gießener. Die Historikerin lernt er in einem Bismarck-Oberseminar an der Gießener Uni kennen. Er nimmt ihren Nachnamen an und geht für die erste Tochter Svenja in Erziehungszeit, als das noch kein anderer Mann tut.
In der SPD galt der Bayern-Fan und Gründer der „sozialdemokratischen Fangemeinde bayerischer Ballkultur“ zunächst vor allem als fleißiger Zuarbeiter Andrea Ypsilantis. Auch wenn Frontkämpfe ihm noch nicht liegen, Hans Eichel, letzter SPD-Ministerpräsident Hessens, brachte es gestern Abend auf den Punkt: „Der neue Spitzenmann der Hessen-SPD heißt Thorsten Schäfer-Gümbel.“
Annette Zoch
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