Taliban erobern weiteren Bezirk in Südafghanistan
Kabul - Islamistische Taliban-Kämpfer haben im Süden Afghanistans einen weiteren Bezirk der stark umkämpften Provinz Helmand erobert. In der Nacht zum Montag (Ortszeit) stürmten sie nach heftigen Gefechten mit Sicherheitskräften das Stadtzentrum von Sangin in der gleichnamigen Region.
Die Taliban hätten nun fast alle Regierungsgebäude dort unter Kontrolle, berichtete ein Mitglied des Provinzrats, Baschir Ahmad Schakir. Es seien aber auch noch Kämpfe im Gange. Polizeikreise berichteten der Deutschen Presse-Agentur, im Hauptquartier der Polizei säßen mehr als 200 Polizisten fest, umzingelt von Taliban-Kämpfern.
Kämpfe toben laut dem Provinzrat auch im weiter südlich gelegenen Bezirk Gereschk. Gereschk ist von strategischer Bedeutung. Es liegt an der zentralen Straßenverbindung, die den Süden Afghanistans mit dem Westen verbindet.
Hilferuf über Facebook aus der Provinz Helmand
Der stellvertretende Gouverneur der Provinz, Mohammed Jan Rassuljar, hatte am Sonntag in einem Eintrag auf seiner Facebook-Seite um Hilfe für Helmand gerufen. "Während ich dies schreibe, steht Helmand vor dem Kollaps. Herr Präsident Ghani, es ist dringend erforderlich, dass Sie hierherkommen." Mehr als 90 Polizisten und Soldaten seien allein in den vergangenen zwei Wochen in Sangin und Gereschk getötet worden.
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Erst vergangene Woche hatten afghanische Sicherheitkräfte nach zehntägigen Gefechten den Bezirk Chanischin von Taliban zurückerobert. Insgesamt sind mittlerweile fünf von Helmands 15 Bezirken unter der Kontrolle der Islamisten: Sangin, Bagran, Nausad, Waschir und Musa Kala. Im September waren es noch zwei. In zwei weiteren Bezirken - Kadschaki und Mardscha - halten Regierungstruppen nur noch das Zentrum.
Taliban-Anschlag auf US-Basis
Bei einem Anschlag nahe der US-Militärbasis Bagram sind mehrere Soldaten ums Leben gekommen. Die Taliban teilten in einer Botschaft mit, sie hätten 19 Amerikaner getötet. Afghanische Medien berichteten, der Anschlag sei gegen eine gemeinsame Fußpatrouille afghanischer und amerikanischer Soldaten gerichtet gewesen. Ein Sprecher der Nato-Mission Resolute Support bestätigte, es habe Opfer gegeben. Er wollte aber noch keine Einzelheiten zur Nationalität der Opfer bekanntgeben.
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In Kabul wurde eine amerikanisch-afghanische Frau auf offener Straße erschossen. Das bestätigten am Montag Quellen aus Sicherheitskreisen. Nach Angaben des afghanischen Fernsehsenders "Tolo News" verließ die 34-Jährige am Sonntagabend ein Fitnessstudio im Stadtviertel Karte Tschar, als der Mullah einer nahe gelegenen Moschee das Feuer auf sie eröffnete. Die junge Frau habe für eine japanische Organisation gearbeitet. Der Hintergrund der Tat blieb zunächst unklar. Laut Kabuler Polizei wurde der Mullah verhaftet.