Skurriler Milliardär mischt Österreich auf
Am Wochenende beginnt das Superwahljahr in der Alpenrepublik. Newcomer Frank Stronach (81) sagt den Etablierten den Kampf an
WIEN Österreich startet am Wochenende in ein Superwahljahr. Es geht um entscheidende Weichenstellungen: Reicht es noch für die jahrzehntelang gepflegte große Koalition? Und: Wie stark wird der skurrile Milliardär Frank Stronach mitmischen – mit seinen 81 Jahren der große Newcomer in der Politik?
Stronachs Protestpartei ist eine One-Man-Show. Der Steiermarker war nach Kanada ausgewandert, hat dort den Autozulieferer Magna aufgebaut, heute ein globaler Konzern, der als Käufer für Opel im Gespräch war. Jetzt, nach dem Ende seiner Unternehmer-Karriere, will er sein Heimatland aufmischen. Innerparteiliche Demokratie hält er für Unfug, er heuert und feuert für sein „Team Stronach“, wen er für richtig hält – Geld spielt eh keine Rolle. So hat er auch den Sender Plus 4 bezahlt, eine sehr wohlwollende Zweieinhalb-Stunden-Doku über sein großes Wirken zu senden, wie er jetzt einräumte.
Politisch gehört er zu den Populisten, Tendenz rechts. Seine Partei ist in Teilen Auffangbecken für gescheiterte Polit-Existenzen vom rechten Rand, etwa Alois Wechselberger, Teamkoordinator in Tirol, der im Internet rechtsextreme Seiten betreibt, in denen von einer „gewaltsamen polnischen Übernahme der deutschen Ostgebiete“ die Rede ist. Stronach ließ ihn rauswerfen, aber es tauchen immer wieder neue Fälle auf, zum Teil Menschen, die zuvor selbst bei Haiders alter FPÖ als zu rechts rausgeflogen waren.
Das Programm ist eher wirr
„Wir haben eine Politikenttäuschung mit der Grundstimmung, dass jeder, der anders ist, in den zweistelligen Bereich kommen kann“, erklärt der Wiener Politologe Peter Filzmaier. Viele sind der eingefahrenen Pfründewirtschaft von Schwarz-Rot so überdrüssig, dass jeder Chancen hat, der die Karte „Wir gegen die da oben“ spielt. Parallelen zu Haider sieht Filzmaier bei Stronach durchaus, aber: „Während bei Haider hinter der emotionalen Ansprache eine klare Strategie steckte, wirkt bei Stronach vieles unkoordiniert.“ Sein Programm ist eher wirr. Highlight ist seine Forderung, die Österreicher sollten künftig immer zu zwei Ärzten gehen: Einer solle die Diagnose stellen, ein anderer behandeln. An diesem Konzept könne niemand mitgewirkt haben, der Ahnung hat, sagt die Ärztekammer. Außerdem will Stronach einen eigenen Euro für jedes Euroland einführen, also einen österreichischen, einen italienischen, einen deutschen etc. Und Studiengebühren will er - aber nur für Fächer, die "der Wirtschafts nichts nutzen". Plus eine unbewaffnete Ordnungstruppe.
Doch vor allem mit seiner Euro-Skepsis kommt der Milliardär gut an. Und er hat gute Chancen, den Etablierten entscheidende Stimmen abzunehmen. Am Wochenende geht es zum einen um Kärnten: Hier wird es der amtierende FPK-Landeshauptmann Gerhard Dörfler nach Korruptionsaffären schwer haben. Er buhlt schon eifrig um Stronachs Gunst. Zum anderen wählt Niederösterreich: Dort wird Stronach vermutlich die absolute Mehrheit der ÖVP knacken. Und im Herbst sind landesweite Wahlen. Nach aktuellem Stand würde es nicht mal mehr für eine große Koalition reichen. Sie hat in vielen Jahren die Ränder – vor allem rechts – stark gemacht. Und jetzt gibt es mit der Original-FPÖ, der Abspaltung BZÖ und nun auch Stronach gleich drei Auffangbecken.
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