Seehofers Millionen-Wahlpräsent: Freizeit für Beamte
MÜNCHEN - In der Panik, aus dem EU-Parlament zu fliegen, denkt Seehofer an ein monströses Wahlgeschenk: Er will zwei Stunden weniger Wochenarbeitszeit für Beamte. Selbst Parteifreunde denken an einen Scherz und finden: "Der spinnt doch."
Manche glaubten erst an einen Scherz. Doch Ministerpräsident Horst Seehofer meinte es ernst, als er gestern in der CSU-Fraktion ein Wahlkampfgeschenk für Bayerns 200000 Beamte ankündigte. Noch vor der Europawahl will er die Staatsdiener zwei Stunden pro Woche weniger arbeiten lassen: Statt bisher 42 Stunden sollen sie künftig nur noch 40 Stunden ihren Dienst ableisten müssen.
Weil dadurch 5500 neue Stellen notwendig werden, wird dies den Freistaat jährlich rund 275 Millionen Euro kosten. Damit will sich Seehofer im Wahljahr die Stimmen der Beamten erkaufen. Denn bei der letzten Landtagswahl haben nur noch 33 Prozent von ihnen die CSU gewählt. „Wir müssen es noch vor der Europawahl machen, damit es politisch wirksam ist“, erklärte Seehofer.
In der CSU herrschte bei vielen Entsetzen. Hatte doch Seehofers Vor-Vorgänger Edmund Stoiber 2004 die Arbeitszeit der Beamten extra um zwei Stunden erhöht, um Stellen einzusparen und den Staatshaushalt zu entlasten. Damals ging es noch um den ausgeglichenen Haushalt. An dem, so hatte Seehofer erklärt, wolle auch er festhalten.
Doch in seiner Not, dass die CSU den Sprung ins Europa-Parlament nicht mehr schaffen könnte, schaut er nicht mehr aufs Geld. Sollte der Ministerpräsident das Wahlkampfgeschenk wahrmachen, hätte das vor allem an den Schulen schlimme Folgen. Unterricht müsste ausfallen. „Wir haben überhaupt keine Ersatzlehrer, die die geschenkten Stunden dann übernehmen könnten. Auf die Schnelle bekommen wir nicht ein paar Tausend neue Lehrer her.“ Ein führendes Fraktionsmitglied zur AZ: „Der spinnt doch.“
Mit vollen Händen Geld ausgeben
Doch Seehofer scheint das alles inzwischen völlig egal zu sein. Mit vollen Händen gibt er das Geld aus. Dabei rechnen die Haushaltsexperten schon bei der bevorstehenden Steuerschätzung im Mai mit „verheerenden Einbrüchen“ – und einer Ebbe in der Staatskasse. Sein Finanzminister Georg Fahrenschon aber leistet keinen großen Widerstand. Erst kürzlich hat er schon 64 Millionen Euro für die Bauern locker gemacht.
Auch ihre Liebe will Seehofer für die CSU zurückerobern – mit viel Geld. Denn vor allem die Beamten und Bauern trugen dazu bei, dass die CSU nach einem halben Jahrhundert in Bayern die absolute Mehrheit verlor. Jetzt schenkte ihnen Seehofer eine „Milchkuhprämie“ und einen „Zuschuss zum Agrardiesel“. Das macht kein anderes europäisches Land.
Angela Böhm