Sandsacktourismus
Wenn Land unter ist, schwimmen Politiker oben. Dann beginnt das Rennen, wer als Erster die Gummistiefel an hat. Das kann Wahlen entscheiden. Wie die Jahrhundertflut von 2002. Die Katastrophe an Elbe und Donau war für den damaligen SPD-Kanzler Gerhard Schröder in letzter Minute ein Gottesgeschenk. Auf den Deichen und bei den Menschen in Not konnte er als Krisenmanager punkten und aufholen, was bereits als verloren galt. Der sicher geglaubte Wahlsieg seines Herausforderers Edmund Stoiber ging den Bach runter – und der bayerische Ministerpräsident baden.
Zu ungeschickt hatte Stoiber sich verhalten. Erst unterschätzte er das Hochwasser, urlaubte lieber auf der Nordseeinsel Juist. Die Gummistiefel zog er zwei Tage zu spät an, durchwatete vor Kameras die Hochwassergebiete, als ob er schon der Kanzler wäre. Das kam nicht an.
Daraus können Peer Steinbrück und Christian Ude ihre Lehre ziehen. Hochwasser ist das Hoheitsgebiet derer, die an der Macht sind. Das werden Bundeskanzlerin Angela Merkel und Horst Seehofer voll ausnutzen. In Bayern weicht in den Fluten Koalitionspartner und Wirtschaftsminister Martin Zeil nicht von Seehofers Seite. Als ob Wasser die FDP hochspülen könnte.
Man macht keinen Wahlkampf, wenn es um die Existenz von Menschen geht. Beim Sandsacktourismus können Politiker leicht untergehen. Vor allem aber machen sie dabei eines: Sie halten die Helfer vom Helfen ab.