Regierung: Das ändert sich bei Bleiberecht und Abschiebungen
Mehr als 100 000 Menschen sind in Deutschland nur geduldet. Wer sich gut integriert hat, soll auf Dauer bleiben können. Andere Ausländer will die Regierung künftig schneller aus dem Land schicken. Ein umfangreiches und umstrittenes Gesetzespaket ist fertig.
Berlin - Nach monatelanger Abstimmung innerhalb der Koalition stehen die Regierungspläne für eine umfangreiche Reform des Aufenthaltsgesetzes. Das Bundeskabinett will die Änderungen heute auf den Weg bringen.
Ausländer, die bislang nur geduldet sind, sich aber gut integriert haben, sollen bessere Möglichkeiten bekommen, auf Dauer in Deutschland zu bleiben. Auf der anderen Seite will die Regierung dafür sorgen, dass kriminelle Ausländer, aber auch andere Menschen ohne Aufenthaltsberechtigung einfacher abgeschoben und mit Wiedereinreisesperren belegt werden können.
In Deutschland leben derzeit mehr als 100 000 Geduldete, also Menschen, deren Asylantrag keinen Erfolg hatte, die aus verschiedenen Gründen aber nicht abgeschoben werden. Die Regierung will nun das Bleiberecht für Geduldete ausweiten, und zwar - anders als bislang - unabhängig von einem gesetzlichen Stichtag.
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Voraussetzung ist etwa, dass jemand mindestens acht Jahre hier lebt, ausreichende Deutschkenntnisse vorweisen und seinen Lebensunterhalt überwiegend selbst sichern kann. Für Jugendliche und junge Erwachsene, aber auch für Eltern minderjähriger Kinder soll dies bereits früher greifen - nach vier beziehungsweise sechs Jahren. Nach Schätzungen der Regierung könnten mehrere Zehntausend Menschen davon profitieren. Diese Details verlauteten am Dienstag aus Regierungskreisen.
An anderer Stelle sind Verschärfungen geplant - und eine grundsätzliche Neuordnung des Ausweisungsrechts. Künftig sollen die zuständigen Stellen jeweils abwägen zwischen den Ausweisungsinteressen des Staates (zum Beispiel wenn ein Ausländer eine Straftat begeht oder einer Terrorvereinigung angehört) und den "Bleibeinteressen" des Betroffenen (etwa familiäre Verhältnisse oder Bindungen zu Deutschland). Außerdem bekommen die Behörden mehr Möglichkeiten, Einreise- und Aufenthaltsverbote zu verhängen.
Die Regierung beklagt Vollzugsprobleme bei der Ausweisung und Abschiebung von Ausländern und will diese mit den Änderungen beseitigen. Derzeit gebe es in Deutschland fast 40 000 ausreisepflichtige Menschen ohne Duldung, hieß es aus den Kreisen. Die Zahl der Abschiebungen liege deutlich darunter - 2013 seien es nur etwa 10 000 gewesen.
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Zur Abwicklung von Abschiebungen will die Regierung einen neuen "Ausreisegewahrsam" einführen. Wenn eine Abschiebung anberaumt ist, der Betroffene aber im Verdacht steht, dass er sich dem entziehen will, soll er in Zukunft für maximal vier Tage in Gewahrsam genommen werden können - zum Beispiel am Transitbereich eines Flughafens.
Auch die Möglichkeiten für die Inhaftierung von Asylbewerbern sollen ausgeweitet werden. Wer seine Identität verschleiert oder "erhebliche Geldbeträge" an einen Schleuser gezahlt hat, um nach Deutschland zu kommen, läuft Gefahr, in Haft zu landen. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl kritisiert dies scharf - wie auch andere Teile der Reform.
Das Innenministerium hatte bereits vor Monaten einen ersten Entwurf dazu vorgelegt. Seitdem lief die Ressortabstimmung. Nach Angaben der Regierungskreise braucht das Vorhaben nicht die Zustimmung des Bundesrates. Die Länderkammer hatte sich zuletzt gerade bei Gesetzesplänen zur Asylpolitik mehrfach quergestellt.
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