Profilsuche und Kritik: Die uneinige Union

Bundeskanzlerin Angela Merkel gerät an immer mehr Fronten unter Druck: CDU und CSU ringen ums Profil – und Bundespräsident Christian Wulff droht schon wie sein Vorgänger Köhler in den letzten Tagen.
von  Abendzeitung
Bundeskanzlerin Angela Merkel
Bundeskanzlerin Angela Merkel © dpa

BERLIN - Bundeskanzlerin Angela Merkel gerät an immer mehr Fronten unter Druck: CDU und CSU ringen ums Profil – und Bundespräsident Christian Wulff droht schon wie sein Vorgänger Köhler in den letzten Tagen.

In der Union wird die Profildebatte immer heftiger: Übers Wochenende griff Umweltminister Norbert Röttgen Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel kaum verhüllt an. In der Union müsse endlich über Zukunftsfragen diskutiert werden, verlangte Röttgen: „Wir müssen wieder ein Ort der Diskussion und der Meinungsbildung werden. Das ist zu kurz gekommen in letzter Zeit.“

Merkel gerät damit an immer mehr Fronten unter Druck. Röttgen gehört der Riege der Modernisierer in der Partei an. Schon zuvor waren zahlreiche Mitglieder des konservativen Flügels der Kanzlerin zu Leibe gerückt. Diese müsse damit aufhören, traditionelle CDU-Wähler zu vernachlässigen.

Merkel freilich bestreitet den Vorwurf. Der Niedergang in den Umfragen habe eher mit den „schwierigen Anfangsmonaten“ der Koalition zu tun. Das aber sei vorbei, so Merkel. Jetzt werde „konsequent“ gearbeitet.

CSU-Chef Horst Seehofer versuchte, der angeschlagenen Kanzlerin zu helfen. Alle Unionspolitiker seien gut beraten, die CDU-Chefin zu unterstützen, sagte er.

Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert mahnte: Eine neue Rechtspartei als Konkurrenz zur Union sei zwar nicht wahrscheinlich – momentan. Die Union dürfe „sich nicht darauf verlassen, dass es ein für allemal keine weiteren Bewegungen im Parteiensystem geben wird“.

Unter Druck bleibt auch Bundespräsident Christian Wulff. Der frühere niedersächsische CDU-Ministerpräsident hatte in der Affäre um den mittlerweile ausgeschiedenen Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin hinter den Kulissen ungewöhnlich engagiert zwischen beiden Seiten vermittelt. Die Grünen griffen ihn scharf an: Er solle sich endlich beim Thema Integration deutlich zu Wort melden, verlangte Fraktionschefin Renate Künast. Das Bundespräsidialamt reagierte patzig: „Die Aufforderung dazu lässt jeden Respekt vor dem Amt vermissen.“ Das ist eine Formulierung, die Erinnerungen weckt: Mit einer fast wortgleichen Begründung war Vorgänger Horst Köhler von seinem Amt zurückgetreten. Das aber hat Wulff nicht vor: Am 3. Oktober will er über Integration reden. mue

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.