Politiker-Reisen vom Tegernsee bis Taiwan
MÜNCHEN - Die bayerischen Abgeordneten sind diese Woche in aller unterwegs - die Minister von Horst Seehofer fahren immerhin an den Tegernsee zur Klausur
So vornehm wie bei der Kanzlerin und ihrem Kabinett in Schloss Meseberg geht’s bei Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und seiner Truppe nicht zu. Die startet heute zur Klassenfahrt an den Tegernsee. Im idyllischen St.Quirin verbringen der Regierungschef und seine Minister zwei Tage im Bildungszentrum der bayerischen Staatsregierung. Das allerdings gleicht mehr einem Schullandheim - mit Tischtennis, Billard, Darts und Tischfußball.
Unten am Tegernsee lockt ein Bootshaus mit einem eigenen Badesteg. Ein traumhafter Ort, um die herrlichen Sonnenstunden zu genießen, die der unerwartete Herbstföhn noch beschert. Für dieses Freizeitangebot aber wird das bayerische Kabinett keine Zeit haben. Es muss sich mit dem Haushalt 2010 beschäftigen. Und da schaut’s angesichts der Zehn-Milliarden-Spritze für die Landesbank und dem 20-Millionen-Kredit für Quelle nicht so rosig aus. Dazu wird Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) über die aktuelle Lage in Bayern berichten.
"Vergleiche sind immer lehrreich, auch für einen Politiker"
Die bayerischen Abgeordneten dagegen zog es diese Woche viel weiter in die Ferne. Rekordhalter sind die 16 Mitglieder des Ausschusses für den öffentlichen Dienst. Sie reisten sieben Tage nach Taiwan. Auf der Insel vor dem chinesischen Festland im West-Pazifik wollen sie sich über das dortige Beamtentum informieren. „Es ist bekannt, dass die asiatische Kultur von besonderer Freundlichkeit geprägt ist. Ich bin daher sehr neugierig, wie sich diese Neigung im täglichen Geschäft in einer großen Behörde, wie beispielsweise einem Finanzamt, in der Praxis umsetzen lässt, und ob sich davon Anregungen für unsere Ämter ableiten lassen“, schrieb die Ausschussvorsitzende Ingrid Heckner (CSU) in ihrem Reiseantrag.
Die AZ erreichte sie in der Hauptstadt Taipeh. AZ: „Was können bayerische Abgeordnete in Taiwan lernen?“ Heckner: „Ich denke, dass Vergleiche in dieser Welt auch für einen Politiker immer lehrreich sind. Egal, ob es vorbildlich ist oder nicht. Auf jeden Fall ist es gut, wenn man sich über Bayern hinaus bewegt.“ AZ: „Was kann Bayern von Taiwan abschauen?“ Heckner: „Das ist ein brutal ehrgeiziges Volk, das auch im Beamtenbereich total leistungsorientiert und flexibel ist.“
Den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten zog es für sechs Tage nach Malta und Libyen. Das Landtagspräsidium war für drei Tage in Marokko. Und die SPD-Fraktion mit Kind und Kegel am Strand von Hammamet in Tunesien – aber jeder auf eigene Kosten. Angela Böhm