Peking dopt das Wetter

„Ich finde das einfach pervers, die Chinesen müssen verrückt sein.“ Kein Regen und kein Smog bei den Olympischen Spielen: Wie China Wind und Niederschläge manipulieren will.
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Ein Racketenwerfer für schönes Wetter.
dpa Ein Racketenwerfer für schönes Wetter.

„Ich finde das einfach pervers, die Chinesen müssen verrückt sein.“ Kein Regen und kein Smog bei den Olympischen Spielen: Wie China Wind und Niederschläge manipulieren will.

PEKING Sie wollen nichts den Zufall überlassen, nicht einmal das Wetter. Um bei den Olympischen Spielen vor atmosphärischen Kapriolen sicher zu sein, planen die chinesischen Behörden, künstlich Regen zu vertreiben und Sturm hervorzurufen, der Peking von Abgasen reinigen soll. Experten sehen diese Pläne skeptisch – von der UN sind sie ohnehin verboten.

Die Organisatoren der Spiele in Peking sind sich sicher, die Eröffnungsveranstaltung und andere große, im Freien stattfindende Wettkämpfe von Regen frei halten zu können. Dazu würde ein mehr oder weniger erprobtes Verfahren angewendet.

Silberjodid als Geheimwaffe

Wenn vor der jeweiligen Veranstaltung am Himmel dicke Regenwolken dräuen, steigen Flugzeuge auf und besprühen die Wolken mit Silberjodid. Der Wasserdampf findet an den Teilchen der Chemikalie einen Fixpunkt, an dem er sich anlagert und so Regentropfen bildet.

Aufgrund ihres Gewichtes gehen diese irgendwann zu Boden. Der so erzeugte Regen fällt stärker aus als der natürliche und erstreckt sich über ein größeres Gebiet. Für mehrere Stunden oder Tage, bis sich neue Wolken aufgestaut haben, ist das Gebiet danach regenfrei. Von Militärs in England und Farmern in den USA wurde das Verfahren erfolgreich angewendet – bis die UN großflächige Wettereingriffe verbot. Lediglich „Hagelflieger“ dürfen eingesetzt werden – um kleinflächig Ernteschäden durch den gefrorenen Regen zu verhindern.

Harsche Worte findet der deutsche Meteorologe Karsten Brandt (www.donnerwetter.de) für die chinesischen „Wettermacher“: „Ich finde das einfach pervers, die Chinesen müssen verrückt sein.“ Abgesehen davon, dass es für diese Art der Verhinderung von Regen keinerlei Garantie gebe, seien die Folgewirkungen an anderer Stelle noch gar nicht erforscht – vor allem nicht bei einem so großflächigen Einsatz von Silberjodid.

Hitze hilft

Noch absonderlicher findet der Bonner Wetterexperte Pekings Pläne für die Erzeugung von Sturm. Brandt zur AZ: „Theoretisch ist so etwas möglich: Östlich der Stadt müsste eine riesige Fläche stark aufgeheizt werden. Durch die warme, aufsteigende Luft entsteht dann ein Unterdruck, der starke Westwinde auslösen würde.“ Denkbar sei die Aufheizung durch das großflächige Auslegen von schwarzen Matten oder durch künstliche Energieerzeugung, zum Beispiel durch Heizkraftwerke, die die Wärme direkt an die Umwelt abgeben.

Auch das findet Brandt „Irrsinn“: „Damit das mit den Matten funktioniert, müsste eine unglaublich große Fläche abgedeckt werden, das ist kaum vorstellbar. Und die künstliche Aufheizung der Atmosphäre ist ökologisch nicht zu vertreten.“

Brandts Fazit: „Die Chinesen wollen zu den Olympischen Spielen jetzt auch noch das Wetter dopen.“

Michael Heinrich

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