Nato startet Aufklärungseinsatz für Anti-IS-Koalition
Brüssel - Mit Aufklärungsflügen der Nato soll die internationale Koalition gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) unterstützt werden. Das Militärbündnis verlegte dafür zunächst eine seiner normalerweise in Deutschland stationierten Awacs-Maschinen auf den türkischen Nato-Stützpunkt Konya, wie Generalsekretär Jens Stoltenberg bestätigte. Die Bundeswehr will sich vom kommenden Monat an mit 15 bis 20 Soldaten an dem Einsatz beteiligen.
Die Awacs-Maschine, die von anderen unterstützt werden kann, wird nach Bündnisangaben dazu genutzt, um aus dem türkischen und internationalem Luftraum heraus den Luftraum über Syrien und dem Irak zu überwachen. Eine direkte Beteiligung an der Steuerung von Angriffen ist vorerst ausgeschlossen worden. "Die Awacs-Flugzeuge werden nicht an Kampfeinsätzen beteiligt", stellte Stoltenberg klar.
Deutsche Soldaten sind bei den ersten Flügen nicht mit dabei, weil der Bundestag über ihre Beteiligung erst in der zweiten Novemberwoche abstimmen wird. Die Bundeswehr stellt nach eigenen Angaben rund ein Drittel der Besatzungsmitglieder für die aus 16 Flugzeugen bestehende Awacs-Flotte der Nato. Die Maschinen haben ihren Hauptstützpunkt in Geilenkirchen bei Aachen (Nordrhein-Westfalen).
Dass der Bundestag die Beteiligung deutscher Soldaten erlaubt, gilt als sicher. Deutschland unterstützt die Anti-IS-Koalition schon heute mit Tornado-Aufklärungsjets und einem Tankflugzeug, die im türkischen Incirlik stationiert sind. Zudem werden kurdische Anti-IS-Kämpfer mit Waffen beliefert.
Nach Beginn der Schlacht um Mossul: Irak und Türkei fehlen beim Treffen der Anti-IS-Koalition
Vor allem das Auswärtige Amt in Berlin hatte sich lange klar gegen die von den Amerikanern erbetene Nato-Beteiligung am Kampf gegen den IS ausgesprochen. Als Grund wurde genannt, dass ein Bündnisengagement die Friedensbemühungen im Syrien-Konflikt erschweren könnte. Die Kompromisslösung sieht nun vor, dass die Awacs-Flugzeuge nicht direkt über Syrien oder dem Irak fliegen, sondern aus dem türkischen oder internationalem Luftraum heraus Unterstützung für die US-geführte Koalition leisten. Zudem dürfen sie nicht als fliegende Kommandozentralen zur Steuerung von Luftangriffen eingesetzt werden.
In welchem Ausmaß der neue Nato-Einsatz im Süden zulasten der Luftraumüberwachung in Ost- und Mitteleuropa geht, ließ Stoltenberg am Dienstag offen. Militärkreise hatten zuvor betätigt, dass nicht genügend Awacs zur Verfügung, um die von den USA für den Anti-IS-Einsatz angeforderten Leistungen ohne Kürzungen in anderen Bereichen zu ermöglichen.
Unterdessen trifft sich die internationale Koalition in Brüssel gegen die Terrormiliz Islamischer Staat ohne den Irak und die Türkei. Die beiden Länder werden bei dem Treffen der Verteidigungsminister heute in Paris nicht mit am Tisch sitzen.
Türkei und Irak im Zwist
Ankara und Bagdad liegen miteinander im Clinch. Die Türkei will bei der Offensive auf die letzte IS-Hochburg Mossul mitmachen und erklärte, bereits zahlreiche IS-Kämpfer im Nordirak durch Artilleriebeschuss getötet zu haben. Die irakische Regierung lehnt eine Beteiligung der Türkei allerdings kategorisch ab. Aus Ankara verlautete, die Türkei werde sich keine Erlaubnis dafür holen, gegen Terroristen "sowohl im Land als auch außerhalb des Landes" vorzugehen.
In Paris kommen daher vor allem Europäer und die USA zusammen, um über das weitere Vorgehen im Irak und Syrien zu beraten. Die Leitung der Runde haben der französische und der amerikanische Verteidigungsminister, Jean-Yves Le Drian und Ashton Carter, übernommen. Erwartet werden noch elf weitere Ressortchefs, unter ihnen auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen.
Bereits vergangene Woche hatten in Paris 20 Außenminister über die Lage in Mossul gesprochen.
Mit einer seit Monaten vorbereiteten Großoffensive auf Mossul hat vor einer Woche im Irak die entscheidende Phase im Kampf gegen die Extremisten begonnen. Die internationale Anti-IS-Koalition unterstützt die irakischen Regierungstruppen und kurdischen Peschmerga-Kämpfer mit Luftschlägen, Artillerie und Ausbildung.
Mossul ist die letzte Bastion der Terrormiliz im Land. Die Millionenstadt steht seit Juni 2014 unter Kontrolle der Extremisten.