Nachhaltiger verpacken: Deutschland muss Plastikmüll einsparen
Für Hotelgäste sind die winzigen Shampoo-Flaschen praktisch. Gerne als Souvenir eingepackt, passen sie in den Kulturbeutel und machen keine Probleme beim Sicherheitscheck am Flughafen. Doch sie verursachen auch jede Menge Plastikmüll.
Diese Verbote plant die EU
Die EU will die Mini-Kosmetikprodukte deshalb bis spätestens 2030 verbieten - zusammen mit Kaffeesahne in Portionsbechern sowie Ketchup und Mayonnaise in Minibeuteln. Doch nicht nur das. Cafés und Coffeeshops sollen künftig die Getränke nicht mehr in Einwegbechern ausgeben dürfen, wenn die Kunden ihren Latte Macchiato vor Ort trinken.
Bis 2040 müssen außerdem 80 Prozent der Becher in wiederverwendbaren Behältern verkauft werden. Wer in Restaurants und Fast-Food-Ketten isst, darf den Burger oder die Pizza nicht mehr in Einwegverpackungen erhalten.
Großes Ziel bis 2050
Das Ziel: Bis zum Jahr 2040 soll der Müllberg in Europa pro Staat und Kopf um 15 Prozent schrumpfen im Vergleich zu 2018. Die Maßnahmen sind Teil des zweiten Pakets für die Kreislaufwirtschaft, das die EU-Kommission gestern vorstellte. Sie sollen helfen, die EU bis 2050 zur ersten klimaneutralen Region der Welt zu machen.
"Wir brauchen Produkte, keine Verpackung"
"Wir brauchen Produkte, keine Verpackung", sagte EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius gestern in Brüssel bei der Vorstellung der neuen Richtlinie. Vor vier Jahren schon hatte sich die Gemeinschaft dazu verpflichtet, bis zum Jahr 2030 alle Verpackungen aus EU-Herstellung wiederverwendbar oder recycelbar zu machen.
Alarmierende Zahlen
Die Zahlen sind tatsächlich alarmierend: So verursacht jeder EU-Bürger im Schnitt rund 177,2 Kilogramm Verpackungsmüll. Die Bundesrepublik nimmt den traurigen Spitzenreiter-Platz in der Gemeinschaft ein. So kommen auf jeden Deutschen durchschnittlich 225,8 Kilogramm Verpackungsmüll. In Kroatien sind es nur 66 Kilogramm.
Die Gesamtmüllmenge nimmt zu
Und auch der Trend stimmt wenig optimistisch. "Es wird zwar mehr recycelt, aber die Gesamtmüllmenge nimmt auch zu", sagte Sinkevicius. Insbesondere der Online-Handel und Lieferdienste für Essen haben in den vergangenen Jahren die Menge an Einwegverpackungen geradezu explodieren lassen.
Das soll sich ändern. Die Behörde will etwa ein für alle EU-Staaten verpflichtendes Pfandsystem für Plastikflaschen und Alu-Dosen durchsetzen. Auch einzeln in mit Plastik überzogenen Schaumstoffschalen verpackte Mangos oder anderes Obst und Gemüse sollen aus Supermärkten verschwinden.
Müll wird verbrannt und verbuddelt
Stattdessen sollen Lebensmittel lose mit biologisch abbaubaren Aufklebern verkauft werden - falls erforderlich. Man müsse "einen systematischen Wandel" bewirken. Obwohl mehr recycelt wird, mache dieser Anteil nur 65 Prozent des Gesamtmülls aus. "30 Millionen Tonnen Plastik werden einfach verbrannt, verbuddelt oder es landet als Müll auf den europäischen Straßen und Gehwegen", so Sinkevicius.
600.000 neue Arbeitsplätze
Die Beamten rechnen damit, dass der Kampf gegen Verpackungsmüll 600.000 neue Arbeitsplätze in der Recyclingbranche schaffen wird. Hinzu kämen Einsparungen, die Bürger im Geldbeutel spüren. Das Paket gehe "in die richtige Richtung", lobte Delara Burkhardt, umweltpolitische Sprecherin der Europa-SPD. "Wir brauchen die Verbindlichkeit, um für Unternehmen eine Investitionssicherheit zu schaffen."
Unverpacktes sollte kein Privileg sein
Ihrer Ansicht nach sollten alle EU-Bürger die Möglichkeit haben, möglichst unverpackte oder zumindest nachhaltig verpackte Produkte zu kaufen. "Bislang ist es ein Privileg derer, die zufällig einen Unverpacktladen um die Ecke oder die Zeit haben, sich das Kleingedruckte auf den Verpackungen durchzulesen." Der Gesetzentwurf wird als nächstes vom EU-Parlament und den Mitgliedsstaaten diskutiert.