Ministerin Reiche: Deutschland muss mehr arbeiten

Die Union dringt in der schwarz-roten Koalition auf mehr Schritte zur Förderung des Wirtschaftswachstums. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) fordert dafür Reformen, die volkswirtschaftlich zu mehr Gesamtarbeitszeit führen und zugleich Kündigungen erleichtern. Der Unionsfraktionsvorsitzende Jens Spahn (CDU) erklärte mehr Wachstum zur "Schicksalsfrage dieses Landes" und will jedes neue Koalitionsvorhaben daran messen.
Als Stellschrauben für mehr Arbeitszeit schlug Reiche im Gespräch mit dem Nachrichtenportal t-online (Montag) ein höheres Renteneintrittsalter oder alternativ Anreize für eine höhere Wochenarbeitszeit vor. Außerdem sollten mehr Beschäftigte aus Teilzeit- in Vollzeitjobs gebracht werden, etwa durch "steuerliche Anreize oder den Ausbau von Betreuungsangeboten für Kinder".
"Brauchen einen flexibleren Kündigungsschutz"
Ferner möchte sie die Frühverrentung reduzieren: "Es kann nicht sein, dass Unternehmen, die einerseits beklagen, keinen Nachwuchs zu haben, im gleichen Zuge gut qualifizierte Arbeitnehmer ab 61 in Altersteilzeit schicken."
Zugleich forderte die Ministerin, den Kündigungsschutz zu lockern. "Wir brauchen einen flexibleren Kündigungsschutz, der die Schwachen schützt, es den Unternehmen aber vor allem im Hochlohnbereich ermöglicht, schneller Personal abzubauen, wenn sie müssen. Das hilft Unternehmen, sich zügiger an neue Marktsituationen anzupassen und zu restrukturieren."
Spahn sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "2026 muss ein Jahr des Wachstums werden und nicht ein Jahr neuer Schulden." Damit wachse auch wieder die Zuversicht der Bürger. Dazu gehöre die Senkung oder zumindest Stabilisierung der Sozialversicherungsbeiträge, damit sich die Personalkosten der Unternehmen nicht verteuerten. "Wir müssen mehr als bisher jedes einzelne Vorhaben auf die Frage überprüfen: Dient es dem Wachstum oder nicht? Das muss der Maßstab für unsere Gesetzgebung sein", erklärte Spahn.
Hoher Anteil an Teilzeitbeschäftigten
Nach drei Jahren Konjunkturflaute sagt die Bundesbank für 2026 ein Wachstum von 0,6 Prozent voraus. Die Prognose ist allerdings etwas pessimistischer als im Juni, als sie beim realen Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch 0,7 Prozent Plus prognostiziert hatte.
Mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 34,3 Stunden lag Deutschland laut Statistischem Bundesamt 2024 unter dem europäischen Durchschnitt (36,8 Stunden). Vollzeit-Erwerbstätige arbeiteten durchschnittlich 40,2 Stunden pro Woche, Teilzeit-Erwerbstätige 20,9.
Die Arbeitszeit insgesamt wird dabei vom steigenden Anteil Teilzeit-Erwerbstätiger beeinflusst: Dieser wuchs bis 2024 auf knapp ein Drittel (1991: 14,1 Prozent, 2024: 30,8 Prozent).