Mehdorn bezieht Prügel
BERLIN - „Abzocker“, „Größenwahnsinniger“, „der spinnt“ – die Reaktionen auf Bahn-Chef Hartmut Mehdorn sind harsch. Bahn-Chef Mehdorn will Bahn-Tarife erhöhen und empört Politiker und Fahrgast-Verbände.
Erst Anfang des Jahres wurde er in einer Umfrage zum unbeliebtesten Deutschen gekürt – seinen Platz dürfte er jetzt erstmal verteidigen. Mit seiner Ankündigung, im Dezember entgegen seines ausdrücklichen Versprechens die Ticket-Preise doch zu erhöhen, hat sich Mehdorn den Zorn von Fahrgästen, Verbraucherschützern und Politikern zugezogen.
„Die Bahn will Fahrgäste schröpfen, um den bevorstehenden Börsengang für profithungrige Investoren attraktiver zu machen“, sagte Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn. Diesem „kundenfeindlichen Größenwahn“ müsse der Bund als Eigentümer ein Ende machen. Die Fahrkarten sollen angeblich bis zu 3,2 Prozent teurer werden, die Bahn schweigt aber zu genauen Zahlen. Genauso auch zum Termin für den Börsengang: „Capital“ nennt unter Berufung auf Bankenkreise den 27. Oktober – das ist neun Tage vor dem angepeilten Zieldatum.
Mehdorns Begründung
Mehdorn hatte den Preissprung mit gestiegenen Energiepreisen und hohen Personalkosten begründet. Der Vorsitzende der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, weist Letzteres zurück: „Mehdorn hat gute Zahlen vorgelegt. Er macht nur sein Baby hübsch.“ Der FDP-Bahnexperte Patrick Döring: „Das wird diejenigen abhalten, die angesichts der Benzinpreise vom Auto auf die Bahn umsteigen wollen.“ Pro-Bahn-Chef Karl-Peter Neumann sagte: „Die Bahn muss aufpassen, dass sie ihren Aufwärtstrend nicht wieder zunichte macht.“
Und das Preis-Argument? „Das kennen wir von den Bilanzpressekonferenzen der Energieunternehmen“, sagt der Verkehrsexperte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Otmar Lell. „Da heißt es immer: Gewinn gestiegen, Preise müssen trotzdem steigen.“ Die Energiepreise könnten genauso ein Argument sein, die Preise zu senken, weil die Züge gut ausgelastet seien, sagt der Verbraucherschützer. „Wir haben das geahnt und deshalb davor gewarnt, den Personenverkehr zu privatisieren.“
Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) verteidigte dagegen die Mehdorn-Maßnahme: „So etwas schmerzt immer“, sagte er. „Die Bahn arbeitet aber streng wirtschaftlich.“ zo