Koch, Rüttgers, Wulff? Jetzt kommt Mappus
STUTTGART - Der Neue im Reigen der Ministerpräsidenten sucht sich den Part des kantigen Konservativen
Bühne frei für den Neuen: Seit gestern hat Baden-Württemberg einen neuen Ministerpräsidenten – und die Riege der mächtigen Unions-Länderchefs einen neuen Mitspieler, der eine Rolle besetzen will, die ihm derzeit ziemlich vakant erscheint: die des nationalkonservativen, wertebewussten Rechten, durchaus mit rauflustigen Zügen. Vorhang auf für Stefan Mappus (43).
Sein Spruch gestern zur Wahl war typisch für ihn: „Ich habe mich noch nie enthalten. Ich war immer für oder gegen etwas“, sagte Mappus auf die Frage, ob er sich selbst gewählt hat. Eins seiner Vorbilder ist Franz Josef Strauß – kein Zufall: Der massige, selbstbewusste Schwabe liebt das klare Wort, und zwar in der konservativen Fassung. Vor allem in der CDU von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die vielen West-Traditionalisten schon lange zu sehr in die Mitte gerückt ist, sieht er da großen Platz für sich – auch außerhalb von Stuttgart. Er wolle sich in Berlin deutlich mehr Gehör verschaffen als sein nicht immer geschickter und manchmal zaudernder Vorgänger Günther Oettinger, macht der streitbare Hardliner unverhohlen deutlich. Und weniger auf Partys als der geht er auch.
Er will in die Nische, die Koch noch halb hält
Am ehesten muss Mappus noch mit dem Hessen Roland Koch um die Rolle streiten: Der kann den Part des kantigen Konservativen auch; ist aber ein gutes Stück älter und hat nach diversen Niederlagen noch nicht wieder seine volle Performance erreicht. Die anderen schwarzen Ministerpräsidenten sind für Mappus eher dankbare Reibungsflächen zur Profilierung. Allen voran Jürgen Rüttgers (NRW), der immer mehr den Arbeiterführer mimt und weiß, dass er in der früheren roten Hochburg mit allzu rechten Positionierungen nicht punkten kann.
Oder den grün-affinen Hamburger Regierungschef Ole von Beust, zu dessen halb-offenen Homosexualität der dezidierte Familienvater Mappus ein traditionelleres Gegenbild setzt. In Lautstärke und Ehrgeiz setzt sich der Süddeutsche auch deutlich gegen Christian Wulff ab, den soften Pragmatiker aus Niedersachsen.
Keine Scheu vor Populismus
Bleiben neben dem auf Bundesbühne immer abgetauchteren Saar-Ministerpräsidenten Peter Müller die Ost-Ministerpräsidenten der Union: unauffällig wie der Sachse Stanislaw Tillich oder mitunter ein wenig eigensinnig wie Wolfgang Böhmer (Sachsen-Anhalt) und Christiane Lieberknecht (Thüringen). Allen ist gemeinsam, dass die drei Pragmatiker auch mal gegen die Parteilinie sagen, was sie denken: etwa, dass für Steuersenkungen kein Geld da ist. Mappus hat da keine Scheu vor Populismus und schwenkt gerne öffentlich das Füllhorn.
Für den Part des Konservativen dürfte Mappus viel Publikum in der Union finden – denn auch die beiden letzten West-Länderfürsten sind da kaum Konkurrenz, sie werden von überzeugten Rechten als zu irrlichternd wahrgenommen: Horst Seehofer (Bayern) und Peter Harry Carstensen (Schleswig-Holstein). Auch Seehofer bedient die wertkonservative Schiene manchmal gern, etwa mit Herdprämie oder Kruzifix – aber kämpft dann anderntags wieder für Kassenpatienten oder Arbeitnehmer. Anja Timmermann