Kirchentag mit Merkel-Besuch
Der Evangelische Kirchentag in Dresden neigt sich dem Ende zu. Die Kanzlerin spricht über eine neue Weltordnung, die Bischöfe reden über die Ökumene. Und die Veranstalter darüber, wie toll alles gewesen sei.
Dresden - Mit einem Veranstaltungsreigen zu Politik, Glaube und Gesellschaft ist der 33. Evangelische Kirchentag in Dresden in die Zielgerade gegangen. Einen Tag vor dem Abschlussgottesdienst zogen die Veranstalter am Samstag eine positive Bilanz. "Der Kirchentag hat gezeigt: Es gibt eine neue Lust auf Theologie", meinte Präsidentin Katrin Göring-Eckardt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wandte sich entschieden gegen die Diskriminierung von Christen in aller Welt. Es sei nicht akzeptabel, dass Menschen wegen ihres Glaubens benachteiligt und verfolgt würden, sagte sie auf einem Forum zum Thema "Braucht die Welt eine neue Weltordnung?".
Die führenden Bischöfe der evangelischen und katholischen Kirche unterstrichen ihren Willen zur Ökumene, sehen hier aber eher größere Zeithorizonte. "Wir brauchen die Geduld - was wir gemeinsam machen, muss auch theologisch begründet sein", sagte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch. "Wenn wir warten, bis wir alle Probleme gelöst haben, sind wir im Reich Gottes zusammen", ergänzte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider.
Mit Blick auf die Christenverfolgung in vielen Staaten sagte Merkel: "Da reichen wir als Christen die Hand allen anderen Religionen zu einem Dialog. Aber wir erwarten auch, dass das, was bei uns zu Hause selbstverständlich ist, auch für alle anderen Christen in allen Ländern dieser Welt gilt."
Merkel forderte in einer Dresdner Messehalle vor knapp 5000 Zuhörern eine Reform des UN-Sicherheitsrates, in den mehr Mitglieder aufgenommen werden müssten. Zudem verteidigte sie vor dem Hintergrund der Flüchtlingswelle aus Nordafrika die EU-Flüchtlingspolitik - konkret die Ablehnung, tunesische Migranten nach den Umwälzungen in deren Heimatland in Europa aufzunehmen.
Forderungen nach einem schnelleren Atomausstieg erteilte Merkel eine Absage. "Wenn wir jetzt von heute auf morgen aus der Kernenergie aussteigen würden, dann wäre die Folge, dass wir unseren eigenen Strombedarf nicht mehr decken können, und dass wir mit Sicherheit Strom aus Atomkraftwerken aus Ländern um uns herum beziehen. Darin kann ich ehrlich gesagt keinen richtigen Sinn sehen." Regierungskoalition und Länder wollen die Atommeiler stufenweise bis 2022 abschalten.
Göring-Eckardt sprach von einem großartigen Christentreffen. "Es war das erhoffte Fest des Glaubens", sagte sie. "Der Dresdner Kirchentag hat uns Christenmenschen gestärkt. Anderen hat er hoffentlich eine Ahnung davon gegeben, was eine Leben mit Gott ist."
Zu dem fünftägigen größten Treffen protestantischer Laien waren fast 120 000 Dauerteilnehmer in die sächsische Hauptstadt geströmt, um gemeinsam zu beten, über gesellschaftliche Fragen zu diskutieren und zu feiern. Die Kirchentagspräsidentin bezeichnete das Treffen als "unvergleichlichen Umschlagplatz für neue Ideen, geistliche Angebote und Handlungsalternativen". "Wenn etwas davon auch in den Alltag der Gemeinde übergeht, muss uns um die Zukunft von Glauben und Kirche nicht bange sein." Am Sonntag werden Zehntausende zum Abschlussgottesdienst erwartet.
Gut drei Monate vor dem Papstbesuch in Deutschland forderte die katholische Reformbewegung "Wir sind Kirche" von Benedikt XVI. ein sichtbares Zeichen in der Ökumene. Der Papst solle konfessionsverschiedenen Ehepaaren die gemeinsame Teilnahme am Abendmahl zugestehen, sagte "Wir sind Kirche"-Sprecher Christian Weisner in Dresden.
Bei der Feier des 500-jährigen Reformationsjubiläums 2017 müssten beide Kirchen aufeinander zugehen. Die Protestanten dürften Martin Luther nicht alleine für sich beanspruchen. Andererseits müsse die katholische Kirche Luthers reformatorisches Bestreben für die gesamte Kirche würdigen.