Kampf um Kobane: Deutsche Politiker appellieren an Türkei

Die Terrormiliz IS lässt sich scheinbar von Luftangriffen nicht aufhalten. Die Wut der Kurden wegen der Lage in Kobane wächst. Sie fühlen sich alleingelassen. Bei deutschen Politikern nimmt der Unmut über die Türkei zu.
dpa |
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Nur Beobachter: Türkische Soldaten beobachten von ihrem Panzer aus den Kampf um Kobane hinter der Grenze in Syrien.
dpa Nur Beobachter: Türkische Soldaten beobachten von ihrem Panzer aus den Kampf um Kobane hinter der Grenze in Syrien.

Bagdad/Kobane - Neue Angriffe im Irak, Sturm auf Kobane: Scheinbar unbeeindruckt von internationalen Luftangriffen setzt die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ihren Vormarsch fort. Aktivisten zufolge griffen sie etwa die nordsyrische Kurdenhochburg Kobane gar von drei Seiten an.

In Düsseldorf mahnten Tausende Kurden angesichts der dramatischen Lage in der Stadt mehr Engagement von der benachbarten Türkei an. Deutsche Politiker wie SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich schlossen sich der Forderung an. Der Grünen-Politiker Volker Beck rief dazu auf, den türkischen Botschafter in Berlin einzubestellen.

Im Irak starteten die sunnitischen Extremisten einen neuen Versuch, in Richtung Bagdad vorzurücken. Wie das Nachrichtenportal "Sumaria News" berichtete, zielte die Offensive auf eine Übernahme der strategisch wichtigen Stadt Amirijat al-Falludscha ab. Irakische Streitkräfte und Stammeskrieger hätten die Terrormiliz jedoch zurückschlagen können.

In der irakischen Hauptstadt selbst starben bei zwei Anschlägen mindestens 23 Menschen. Dutzende seien verletzt worden, meldete die Nachrichtenagentur INA unter Berufung auf Armeeangaben. Die Attentate zielten auf Viertel ab, die von Schiiten bewohnt werden.

Ismat Hassan vom Verteidigungsrat in Kobane sagte der kurdischen Nachrichtenagentur Welati, seine Kämpfer hätten in der Nacht auf Samstag mindestens zwei Selbstmordanschläge von IS-Angreifern in der Nähe des Zentrums vereitelt. Im Laufe des Samstags wehrten kurdische Kämpfer nach Informationen der syrischen Menschenrechtsbeobachter erneut zwei Selbstmordattentäter ab. Der Aktivist Farhad al-Schami sagte der dpa am Telefon, es gebe heftige Gefechte im Süden, Westen und vor allem im Osten der Stadt. Die militärisch besser ausgerüsteten Dschihadisten versuchen zudem seit Freitag die Versorgungsroute der Kurden zur türkischen Grenze zu erobern.

Kampf gegen IS: Das AZ-Themenspezial

Die USA versuchen die Kurden, mit Luftangriffen zu unterstützen. Bei vier Angriffen seien nahe Kobane ein IS-Gebäude zerstört, ein Kommandozentrum beschädigt sowie eine Kampfstellung und zwei kleine Einheiten der Milizen getroffen worden. Bei zwei weiteren Angriffen hätten die Kampfpiloten drei Lastwagen zerstört, teilte das US-Kommandozentrum in Tampa über die Einsätze am Freitag und Samstag mit. Auch im Irak seien von den USA und Verbündeten Angriffe auf den IS geflogen worden. Zudem habe man das irakische Militär durch Nahrungs- und Munitionsabwürfe aus der Luft unterstützt. An den Einsätzen im Irak nahmen demnach auch niederländische Flugzeuge teil.

SPD-Fraktionsvize Mützenich sagte der "Welt am Sonntag", der Erklärung der türkischen Regierung, sie werde nicht zusehen, wie Kobane durch den IS zerstört werde, "müssen nun Taten folgen". Der CDU-Außenpolitiker Andreas Schockenhoff forderte in der Zeitung, die Nato müsse auf ihren Partner Türkei einwirken. Volker Beck von den Grünen sagte dem "Handelsblatt" (Online): "Die Bundesregierung schweigt dazu, wo deutliche und klare Worte an unseren türkischen Verbündeten notwendig wären. Es ist höchste Zeit, dass Berlin den türkischen Botschafter einbestellt."

Lesen Sie hier: IS-Kämpfer nehmen Kobane in die Zange

Sollte der IS Kobane erobern, hätten die sunnitischen Extremisten einen durchgängigen Grenzstreifen von mehr als 200 Kilometern zum Nato-Land Türkei unter ihrer Kontrolle. Die Regierung in Ankara lehnt eine Bodenoffensive gegen den IS im Alleingang jedoch ab. Sie drängt auf eine Strategie, die sich auch gegen das syrische Regime von Präsident Baschar al-Assad richtet.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) reist am Sonntag nach Saudi-Arabien, um für ein abgestimmtes Vorgehen im Kampf gegen die Terrormiliz zu werben. Es werde entscheidend sein, "auch jenseits des Militärischen in der Region zu einer Verständigung auf eine gemeinsame politische Strategie zu kommen", sagte er vor dem zweitägigen Besuch. Saudi-Arabien komme bei der Bewältigung der Krisen in der Region eine zentrale Rolle zu.

Steinmeier wird nach einer Mitteilung des Auswärtigen Amts in Dschidda unter anderem mit Außenminister Saud al-Faisal sprechen sowie den Generalsekretär der Organisation für Islamische Zusammenarbeit, Ijad Madani, treffen.

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