Italien sucht neue Regierung - auchNeuwahlen denkbar

Nach der bitteren Niederlage des italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi bei einem Verfassungsreferendum hat die Suche nach einer neuen Regierung begonnen. Staatspräsident Sergio Mattarella muss nun über die Zukunft des hoch verschuldeten Landes entscheiden und rief zur Ruhe auf.
von  dpa

Nach der bitteren Niederlage des italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi bei einem Verfassungsreferendum hat die Suche nach einer neuen Regierung begonnen.

Rom - Die Suche nach einer neuen Regierung hat nach der bitteren Niederlage des italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi bei einem Verfassungsreferendum begonnen. Staatspräsident Sergio Mattarella muss nun über die Zukunft des hoch verschuldeten Landes entscheiden und rief zur Ruhe auf.

Am Montag kam er mit Renzi zusammen, der am Abend nach einer Kabinettssitzung seinen Rücktritt im Präsidentenpalast in Rom einreichen wollte.

Bei dem Referendum über die Verfassungsreform, die den Senat entmachten sollte, hatten am Sonntag gut 59 Prozent der Wähler mit "Nein" gestimmt. Die Opposition der eurokritischen Fünf-Sterne-Bewegung und der rechtspopulistischen Lega Nord sah sich als Sieger und verlangte rasche Neuwahlen.

"Italien ist ein großes Land mit so viel positiver Energie. Auch deshalb ist es nötig, dass das politische Klima, selbst in der nötigen Dialektik, von Ruhe und gegenseitigem Respekt geprägt ist", erklärte Mattarella. Das Land steckt immer noch in der Krise, die Wirtschaft lahmt und die Banken sitzen auf Unmengen fauler Kredite.

Renzi vor Aus! Ungewissheit in Italien nach Referendum

Eine Möglichkeit ist nun, dass der Präsident eine Übergangsregierung einsetzt, die bis zum Ende der Legislaturperiode im Frühjahr 2018 halten soll. Als Nachfolger Renzis sind unter anderen Finanzminister Pier Carlo Padoan und Senatspräsident Pietro Grasso im Gespräch. Padoan sagte eine geplante Reise zu Beratungen der Euro-Finanzminister in Brüssel kurzfristig ab, um in Rom zu bleiben.

Möglich sind auch Neuwahlen im kommenden Jahr. Dazu muss aber erst das komplizierte Wahlrecht geändert werden. Renzi hatte das Wahlrecht im Rahmen seiner zur Abstimmung stehenden Reformpläne geändert, es bezieht sich aktuell nur auf eine von zwei Kammern, das Abgeordnetenhaus. Die zweite Kammer, den Senat, wollte Renzi entmachten und nicht mehr direkt vom Volk wählen lassen, was aber am "Nein" beim Referendum nun gescheitert ist.

Die Reaktion an den Finanzmärkten fiel deutlich verhaltener aus als zum Beispiel bei der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten im November oder dem Brexit-Votum in Großbritannien im Juni. Das italienische "No" jagte den Märkten nur einen kurzen Schrecken ein. Auch die Verluste des Euro hielten sich in Grenzen. Der Ausgang des Referendums und die Folgen könnten aber die italienischen Krisenbanken weiter ins Wanken bringen. In der Europäischen Union war zudem befürchtet worden, dass eine Niederlage Renzis den Populisten neuen Aufwind geben könnte.

Überraschend klares Ergebnis gegen die Reform

Das Verfassungsreferendum ging überraschend klar zugunsten der Reform-Gegner aus: 59 Prozent der Stimmberechtigten sprachen sich gegen die Pläne Renzis aus, den Senat zusammenzustutzen und weitgehend zu entmachten. Nur 41 Prozent stimmten mit "Ja", wie aus dem amtlichen Endergebnis des Innenministeriums hervorgeht. Die Wahlbeteiligung war mit 65 Prozent sehr hoch.

Vor allem im armen Süden des Landes stimmten die Menschen mit "Nein". Auf Sizilien beispielsweise gab es weniger als 30 Prozent für das "Sì". Die meiste Zustimmung gab es in Südtirol, aber auch in der heimatlichen Toskana kam Renzi klar über 50 Prozent.

Der 41-jährige Renzi war im Februar 2014 als jüngster Regierungschef in der Geschichte des Landes angetreten. Auch die Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) pflegte eine gute Beziehung zu dem Chef des sozialdemokratischen Partito Democratico (PD).

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