Intensivmediziner: So hohen Krankenstand noch nicht erlebt

Grippe, RS-Virus, Corona und anderes: Viele Menschen sind derzeit krank. Das Gesundheitssystem ist vielerorts überlastet. Intensivmediziner hoffen nun auf die Weihnachtsfeiertage.
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Wegen der Lieferprobleme bei Medikamenten für Kleinkinder übt der Kinderschutzbund scharfe Kritik. "Es ist ein Armutszeugnis für die Politik, dass jetzt nicht einmal genug Medikamente und fiebersenkende Mittel für die Kinder vorhanden sind", sagte Verbandspräsident Heinz Hilgers. (Symbolbild)
Wegen der Lieferprobleme bei Medikamenten für Kleinkinder übt der Kinderschutzbund scharfe Kritik. "Es ist ein Armutszeugnis für die Politik, dass jetzt nicht einmal genug Medikamente und fiebersenkende Mittel für die Kinder vorhanden sind", sagte Verbandspräsident Heinz Hilgers. (Symbolbild) © Christoph Soeder/dpa

Berlin/München - Der Krankenstand in der Bevölkerung hat nach Aussage des Intensivmediziners Christian Karagiannidis historische Dimensionen erreicht.

Intensivmediziner: "Setze darauf, dass wir uns in die Feiertage retten können"

"Der Krankenstand in der Gesellschaft ist aktuell extrem hoch, so etwas habe ich noch nicht erlebt", sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin der "Rheinischen Post".

Christian Karagiannidis, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN).
Christian Karagiannidis, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN). © Kay Nietfeld/dpa

In vielen Regionen gebe es so gut wie keine freien Intensivbetten mehr. Hauptproblem seien nicht mehr Corona-Infektionen. "Derzeit kämpfen wir gegen sehr breitgefächerte Krankheitsbilder: Grippe, RS-Virus, Corona und andere Atemwegserkrankungen, dazu die üblichen Notfälle."

Hoffnung setzt Karagiannidis auf die Feiertage. "Ich setze darauf, dass wir uns bald in die Feiertage retten können. Dann ebbt üblicherweise das Aufkommen in den Kliniken ab, die Kapazitäten in den Krankenhäusern steigen wieder."

DRK: Mehr Drohungen und Übergriffe auf Gesundheitspersonal

Angesichts überlasteter Kinderkliniken bekommt es das Gesundheitspersonal nach Einschätzung des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) zunehmend auch mit Drohungen und Gewalt zu tun. "Es häufen sich Fälle von Androhung oder der tatsächlichen Ausübung psychischer und physischer Gewalt gegenüber dem Gesundheitspersonal", sagte DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt der "Rheinischen Post".

Eltern müssten teils stundenlang in den Notaufnahmen sitzen oder kranke Kinder auf Krankenhausfluren übernachten, beklagte sie. Kurzfristige Abhilfe zu schaffen, sei aber kaum möglich. Das Pflegefachpersonal müsse dringend entlastet werden.

Intensivmediziner Karagiannidis ist auch Mitglied der Regierungskommission für Krankenhausversorgung. Neben den Engpässen an den Kliniken kämpft das Gesundheitswesen auch mit Engpässen bei einer Reihe von Medikamenten. Karagiannidis plädierte dafür, dass der Staat in Kooperation mit hiesigen Pharmaherstellern bestimmte Medikamente auf Vorrat produzieren lässt, damit diese immer in ausreichenden Mengen verfügbar sind.

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"Das wird für das Land zwar teuer, aber ich finde es bedenklich für ein Land wie Deutschland, dass wir seit langer Zeit immer wieder mit solchen Engpässen zu kämpfen haben und sich dieser Mangel wegen der vielen Infekte in diesem Jahr besonders verschärft hat", sagte Karagiannidis.

Holetschek plädiert für Spitzentreffen

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek sprach sich in der "Rheinischen Post" für ein Spitzentreffen zur Medikamentenversorgung aus. "Dafür sollte der Bund noch vor Weihnachten einen Gipfel mit allen beteiligten Institutionen einberufen und gemeinsam mit Ärzteverbänden, Kassenärztlicher Bundesvereinigung, Apothekern, Pharmagroßhändlern und pharmazeutischen Unternehmen nach Lösungen suchen", sagte der CSU-Politiker.

Fiebersenkende Mittel fehlen: "Armutszeugnis für die Politik"

Wegen der Lieferprobleme bei Medikamenten für Kleinkinder übte der Kinderschutzbund scharfe Kritik. "Es ist ein Armutszeugnis für die Politik, dass jetzt nicht einmal genug Medikamente und fiebersenkende Mittel für die Kinder vorhanden sind", sagte Verbandspräsident Heinz Hilgers der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". "Die Bundesregierung muss jetzt so schnell wie möglich handeln und Medikamente beschaffen. Und sie muss dringend die Weichen dafür stellen, dass sich eine solche Situation möglich nie mehr wiederholt."

Zuletzt gab es Lieferschwierigkeiten bei Kindermedikamenten wie Fieber- und Hustensäften. Auch Mittel für Erwachsene sind betroffen, etwa Krebsmedikamente und Antibiotika, wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erläutert hatte. Um Problemen gegenzusteuern, hat er für die neue Woche einen Gesetzentwurf angekündigt.

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2 Kommentare
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  • Frale am 17.12.2022 14:09 Uhr / Bewertung:

    Das war doch abzusehen. Über 2 Jahre mit Maske ... hatte da nicht mal eine Grippe. Warum nur ??? Und jetzt .... Immunsystem hatte in den 2 Jahren nix zu tun , schlägt die Grippe um so härter durch.

  • FFF-Nein Danke am 17.12.2022 16:46 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Frale

    Stimmt, gut 2 Jahre Maskenpflicht, Abstand, und immer und immer wieder Hände desinfizieren. Das Immunsystem muss immer wieder trainiert werden. Der Expertenrat der Bundesregierung hat bereits im Juni vor einer RSV Welle gewarnt, der Lauterbach hat nur eine Corona Welle gesehen. Die Welle ist nie gekommen, dafür eine RSV Welle, eine Erkältungswelle. In Deutschland sind ca. 10 Mio. krankgeschrieben. Und jetzt? Einige "Experten" sagen, man soll weiter Maske tragen. Das unser Gesundheitssystem seit viele Jahren "am Stock geht", und kaputt gespart worden ist, ist kein Geheimnis. Pflegepersonalnotstand gibt es schon seit Jahren, und jetzt wundern sich viele.
    Gemacht wurde dagegen in den letzten Jahren nichts. Und, der Lauterbach war jahrelang mit daran beteiligt. Was macht er? Er kündigt immer nur was an.

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