Gutachter hält Sarrazin-Äußerungen für rassistisch
Die beiden Berliner SPD-Verbände, die sich für den Parteiausschluss von Thilo Sarrazin einsetzen, lassen nicht locker. Jetzt untermauern sie den Rassismus-Vorwurf gegen den Bundesbankvorstand mit einem Gutachten.
Der frühere Berliner Finanzsenator und Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin muss wegen seines umstrittenen Interviews im vergangenen Herbst weiter um seine SPD-Mitgliedschaft bangen. Der SPD-Kreisverband Spandau und die Abteilung Alt-Pankow werfen ihm rassistische Äußerungen in der Kulturzeitschrift «Lettre International» vor und haben das jetzt einem Bericht der «Berliner Morgenpost» mit einem Gutachten untermauert. Es kommt demnach zu dem Schluss, dass Sarrazin in teilweise herabwürdigender Form türkische und arabische Migranten beschreibe. Diese Passagen seien «eindeutig als rassistisch zu betrachten», urteile der Autor der 21-seitigen Studie, der Politikwissenschaftler Gideon Botsch vom Moses-Mendelssohn-Zentrum in Potsdam. Sarrazin hatte im Oktober unter anderem gesagt: «Die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate.» Und: «Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert.» Für diese Äußerungen hatte er sich dann öffentlich entschuldigt. Sarrazin selbst reagierte laut «Berliner Morgenpost» kämpferisch auf die Vorwürfe reagiert. Notfalls werde er den drohenden Rauswurf aus der SPD verhindern, indem er durch alle Parteiinstanzen gehe, sagte er dem Blatt. Austreten werde er aus der SPD wegen der Vorwürfe jedenfalls nicht: «Ich war noch nie beleidigt. Sonst hätte ich mein damaliges Amt als Finanzsenator schon 20-mal niederlegen müssen.» Nach dem Interview hatten die beiden Berliner SPD-Verbände ein Parteiordnungsverfahren gegen Sarrazin in Gang gebracht. Die Kreisschiedskommission in Charlottenburg-Wilmersdorf wies den Antrag auf Parteiausschluss allerdings zurück. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor schon ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung eingestellt. (APD/nz)
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