Gundula Roßbach in der Kritik: Ausweis-Skandal bei der Rentenversicherung
Bislang reichte ein schlichtes Stück Papier. Wer aus dem Berufsleben ausschied und in den Ruhestand wechselte, bekam mit dem ersten Rentenbescheid einen Ausweis, der offiziell bestätigte, dass er Rentner ist und so bestimmte Vergünstigungen in Anspruch nehmen darf.
Vor drei Jahren kam die Deutsche Rentenversicherung auf die Idee, diese Papierausweise zu ersetzen – alle rund 20 Millionen Rentnerinnen und Rentner sollten ein neues Dokument erhalten, das folienverstärkt und daher stabiler ist. Am 15. März vergab der Bundesvorstand den Auftrag an die Deutsche Post, die neuen Ausweise zu drucken und in diesem Sommer zusammen mit dem neuen Rentenbescheid an alle Rentner zu versenden. Die Kosten für die gesamte Aktion: zehn Millionen Euro.
Die Vergabe erfolgte, obwohl der Bundesrechnungshof bereits 2016 massive Bedenken gegen das Projekt erhoben hatte
Eigentlich eine Lappalie. Doch Politiker aller Fraktionen erheben laut AZ-Informationen schwere Vorwürfe gegen die Rentenversicherung. Diese habe "alle haushaltsrechtlichen Grundsätze ignoriert" und sich nicht an die für Körperschaften des öffentlichen Rechts geltenden Regeln gehalten.
Die Vergabe erfolgte, obwohl der Bundesrechnungshof bereits 2016 massive Bedenken gegen das Projekt erhoben hatte und das Sozialministerium die Rentenversicherung aufgefordert hatte, vor der Herstellung der neuen Ausweise abzuwarten, bis sich der Rechnungsprüfungsausschuss eine Entscheidung getroffen habe.
Doch der Vorstand der Rentenversicherung um Präsidentin Gundula Roßbach ignorierte diese Anweisung des Ministeriums und begründete dies mit dem Recht der Selbstverwaltung, derartige Entscheidungen in Eigenverantwortung zu treffen. Dem widersprechen die zuständigen Fachpolitiker. Die Anweisung des Ministeriums sei eindeutig gewesen. "Es geht schließlich um das Geld der Beitragszahler", monieren Mitglieder des Rechnungsprüfungsausschusses des Bundestags in der AZ, "zehn Millionen Euro sind viel Geld." In einer Vorlage für den Ausschuss, die der AZ vorliegt, heißt es, dass es für die neuen Ausweise überhaupt keinen Bedarf gebe.
Der Ärger über Roßbach ist groß, das Vertrauen der Politiker "zerrüttet"
Die bisherigen Ausweise hätten ihren Zweck erfüllt und gerade einmal Kosten von 25.000 Euro pro Jahr verursacht. Ungewöhnlich sei, dass bei einem derart hohen Auftragsvolumen die Rentenversicherung darauf verzichtet habe, "die Herstellung der Ausweise im Wettbewerb zu vergeben".
Vielmehr, heißt es im Rechnungsprüfungsausschuss, dränge sich der Eindruck auf, dass es offenbar eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen Rentenversicherung und Post AG gegeben habe. So habe die Post ein Angebot vorgelegt, das genau dem entsprach, was die Rentenversicherung wollte.
Verärgerung über Gundula Roßbach: Abgeordnete fordern Konsequenzen
Die Haushaltsexperten wollen nicht an einen Zufall glauben: "Die Post hat für sich ein neues Geschäftsfeld entdeckt, hat der Rentenversicherung ihre Idee aufgeschwätzt und ihr laminiertes Papier für zehn Millionen Euro verkauft." Zwar wollen die Politiker das Projekt noch stoppen, doch der Vertrag mit der Post AG enthält keine Rücktrittsklausel. Die Folge: Egal wie die Politik entscheidet, die Post erhält ihr Geld in jedem Fall.
Entsprechend groß ist der Ärger, über Gundula Roßbach. Wenn diese schon in einem vergleichsweise einfachen Verfahren so nachlässig umgehe, stelle sich die Frage, "ob sie in der Lage ist, die Rentenversicherung mit einem Volumen von 300 Milliarden Euro pro Jahr fachgerecht zu verwalten", sagen Abgeordnete – und fordern Konsequenzen. Ihr Vertrauen zur Präsidentin sei "zerrüttet": "Die Frage nach der Verantwortlichkeit drängt sich auf."
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