Gesetz zur Patientenverfügung: Die wichtigsten Infos

Wenn ein Patient bewusstlos wird, sich nicht mehr äußern kann oder ins Koma fällt, passiert das, was er vorher aufgeschrieben hat. Ärzte müssen sich daran halten – sonst machen sie sich strafbar. Beim Verfassen der Verfügung muss man jedoch einiges beachten. Für 50 AZ-Leser gibt es eine Gratis-Broschüre.
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Neun Millionen Deutsche haben bereits eine Patientenverfügung.
dpa Neun Millionen Deutsche haben bereits eine Patientenverfügung.

MÜNCHEN - Wenn ein Patient bewusstlos wird, sich nicht mehr äußern kann oder ins Koma fällt, passiert das, was er vorher aufgeschrieben hat. Ärzte müssen sich daran halten – sonst machen sie sich strafbar. Beim Verfassen der Verfügung muss man jedoch einiges beachten. Für 50 AZ-Leser gibt es eine Gratis-Broschüre.

Schläuche, piepsende Maschinen, Bildschirme mit flimmernden Kurven – wer will so am Leben erhalten werden? Neun Millionen Deutsche haben deshalb eine Patientenverfügung verfasst. Viele von ihnen wollen lieber sterben, als so weiterleben.

Gestern hat der Bundestag ein Gesetz zur Patientenverfügung beschlossen. Zuvor hatte es über Jahre hinweg Streit über die Patientenverfügung gegeben. Das Gesetz soll für mehr Rechtssicherheit der Patienten sorgen. Die AZ klärt die wichtigsten Fragen:

Was ist eine Patientenverfügung?

In der Verfügung schreibt der Patient auf, welche ärztliche Maßnahmen er später will - oder eben nicht, mit der Konsequenz, dass er stirbt. Es ist egal, ob man zum Zeitpunkt der Verfügung gesund ist oder bereits erkrankt. Auch ist es egal, ob eine mögliche Krankheit später tödlich verlaufen würde oder nicht. Wichtig ist aber: „Eine Patientenverfügung wird nur dann hinzugezogen, wenn der Patient nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Meinung kundzutun. Das trifft für Koma-Patienten zu oder im späten Stadium einer Demenz“, sagt die Internistin Susanne Roller von der Münchner Klinik Barmherzige Brüder zur AZ. Eine mündliche Patientenverfügung ist nicht zulässig.

Welche Maßnahmen sind gemeint?

Das kann der Patient frei bestimmen. Wenn ein Mensch ins Koma fällt, kann er vorher verfügen, dass er dann keine Wiederbelebungsmaßnahmen will. Er kann auch verlangen, dass er keine künstliche Ernährung bekommen soll.

Ist das aktive Sterbehilfe?

Nein, die Tötung eines Schwerkranken, zum Beispiel durch eine Todes-Spritze, ist in Deutschland weiter verboten.

Und der Arzt?

Wenn er die Verfügung ignoriert, kann er sich wegen Körperverletzung strafbar machen.

Was muss in einer Patientenverfügung stehen?

Wenn man seinen Willen nur für eine bestimmte Krankheit verfügt, dann gilt dieser nur für diese Krankheit. Wer als Gesunder eine Verfügung verfasst, sollte eine offenen Erklärung abgeben, rät der Münchner Rechtsanwalt Wolfgang Putz: „Besser, man beschreibt keine konkrete Krankheit, sondern Situationen, für die man etwas verfügt: Nicht mehr essen können, nicht mehr reden können, nicht mehr aus dem Bett kommen zum Beispiel.“ Wichtig ist, dass der Patient exakt aufschreibt, was in den konkreten Fällen mit ihm gemacht werden soll. Phrasen wie „in Würde sterben“ sollte man vermeiden.

Sollte man vor der Verfügung mit seinem Hausarzt sprechen?

Ja, Mediziner kennen den Verlauf einer Krankheit und können über Heilungschancen informieren – und darüber, wann er mit seinen Fähigkeiten am Ende ist.

Wann ist der beste Zeitpunkt für eine Patientenverfügung?

„Ab dem 18. Lebensjahr sollte jeder Deutsche eine Patientenverfügung haben“, sagt Anwalt Putz. Wichtig ist es auch, eine Vertrauensperson zu bevollmächtigen, den Willen später umzusetzen. Das geht zum Beispiel mit einer Vorsorgevollmacht oder einer Betreuungsverfügung. „Man sollte den Bevollmächtigten über die Patientenverfügung informieren – und auch darüber, wo sie liegt“, sagt Putz. Wenn man niemanden bevollmächtigt, bestimmt das Vormundschaftsgericht einen Betreuer.

Was ist, wenn es doch Zweifel gibt?

In jedem Fall müssen Betreuer und Ärzte noch einmal beraten. Wenn es noch Zweifel gibt, muss das Vormundschaftsgericht entscheiden.

Welche Probleme gibt es noch?

Das Aufsetzen der Erklärung ist schwer, weil man als Gesunder schlecht eine spätere Situation vorausahnen kann. Auch gibt es immer noch zu wenig formelle Vorgaben für die Verfügung – so könnte es dann doch sein, dass die Gerichte am Ende entscheiden müssen. Putz und Roller kritisieren, dass die Patientenverfügung schon vor dem Gesetz verbindlich war. Susanne Roller sagt: „Wir brauchen kein Gesetz, wir brauchen eine bessere Schulung für Mediziner und eine Bezahlung für Beratungsgespräche.“

Gratis-Broschüre für AZ-Leser

In der Infobroschüre „Vorsorge für Unfall, Krankheit, Alter“ sind die wichtigsten Informationen zum Thema Patientenverfügung zusammengefasst. Mediziner und Juristen empfehlen vor allem die Muster-Vollmachten und Muster-Patientenverfügungen, die in der Broschüre enthalten sind. Die Broschüre gibt es kostenlos zum Herunterladen im Internet. Den Link dazu gibt es unter www.abendzeitung.de Im Buchhandel ist die Broschüre unter der ISBN 978-3-406-57518-1 erhältlich und kostet 3,90 Euro. Die AZ verschenkt 50 Exemplare an ihre Leser: Am Freitag sowie am Montag können sich Interessierte jeweils ein Exemplar in der Empfangshalle der AZ-Redaktion am Rundfunkplatz 4 abholen (solange der Vorrat reicht).

Volker ter Haseborg

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