Gender-Sprache: Wandel ohne Zwänge
Erst im Juli dieses Jahres hat das ZDF-Politbarometer, das zuvorderst die politischen Präferenzen der Deutschen auslotet, nach der Verwendung gendergerechter Sprache gefragt. Das Ergebnis: 25 Prozent finden es gut, wenn Sternchen gesetzt und Sprechpausen eingelegt werden, 71 Prozent der Bevölkerung lehnen es ab.
Damit sind die Mehrheitsverhältnisse geklärt.
Ein Vorbild sein - mit Glottisschlag?
Umfragen haben aber hierzulande nun einmal keine Folgen. In zahlreichen Kommunen und Bundesländern stehen die Sternchen inzwischen in Behördenformularen; einflussreiche Journalisten wie Anne Will oder Claus Kleber haben sich den Glottisschlag angeeignet (so nennt man den Sprachaussetzer, etwa in "Bürger(Pause)innen"), um TV-Zuschauern ein Vorbild zu sein. Und an Universitäten droht Studenten Punktabzug, wenn sie in ihren Arbeiten auf Sternchen verzichten.
Das geht so weit, dass in Hausarbeiten, die von Grundschülern einer dritten Klasse handeln, nicht von Mädchen und Buben die Rede ist, sondern von "Menschen mit Vulva" und "Menschen mit Penis" - im Bestreben, keine Geschlechtsidentität zu benachteiligen oder zu vergessen.
Menschen, die das befremdlich finden, wettern gern gegen eine "Sprachpolizei". Das ist Unsinn. Eine solche gibt es (zum Glück) nicht. Jeder darf sprechen und schreiben, wie er es für richtig hält. Und jedem muss klar sein: Sprache verändert sich mit der Gesellschaft, die sie verwendet - das ist ein normaler Prozess. Was es nicht braucht, sind Vorschriften oder gar Zwänge, um ihn zu beschleunigen oder in eine Richtung zu steuern, weil eine Minderheit es für geboten hält.
- Themen: