Gauweiler und sein Coup mit Lafontaine: Wahlkampf? Mit links!

Der Münchner CSU-Abgeordnete macht Wahlkampf mit Lafontaine von der Linkspartei. Egal, wie das die jeweils eigenen Leute finden - Gauweiler sieht's entspannt: "Das ist doch erfrischend."
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Der schwarze Peter und der rote Oskar kürzlich bei Gauweilers 60. Geburtstag: Persönlich befreundet, politisch jetzt auch?
Petra Schramek Der schwarze Peter und der rote Oskar kürzlich bei Gauweilers 60. Geburtstag: Persönlich befreundet, politisch jetzt auch?

MÜNCHEN - Der Münchner CSU-Abgeordnete macht Wahlkampf mit Lafontaine von der Linkspartei. Egal, wie das die jeweils eigenen Leute finden - Gauweiler sieht's entspannt: "Das ist doch erfrischend."

Ein Wahlkampfauftritt mit dem Parteichef als Zugpferd: Das ist es, wovon hunderte Bundestagsabgeordnete in Vorwahlzeiten träumen. Der Münchner CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler macht sich den Traum wahr – auf ungewöhnliche Weise: Denn der Parteichef, den er am 11. August in den Paulanerkeller am Nockherberg holt, ist nicht etwa sein eigener, Horst Seehofer. Gauweiler macht gemeinsame Sache mit Oskar Lafontaine, dem Chef der Linkspartei.

Noch weiß die eigene Partei nichts davon, sie erfährt die Sache heute aus der AZ. Die Plakate werden erst jetzt geklebt. Und Gauweilers Leute haben den Coup durchaus im Verborgenen vorbereitet, wohl auch um kein Eingreifen in letzter Minute zu riskieren.

Denn ein innerparteiliches Politikum ist die Gauweiler-Lafontaine-Kooperation natürlich schon. Der eigene Außenseiter beim gemeinsamen Wahlkämpfen mit dem linkssozialistischen Gottseibeiuns Lafontaine – dieses Szenario dürfte die Linientreuen an der Nymphenburger Straße gleich zwei Mal verschrecken.

Zumal da nicht nur Linksmann Lafontaine zur Hilfe für die CSU herbeigerufen wird: Der Auftritt lässt sich auch anders herum als CSU-Unterstützung für Lafontaine interpretieren: Denn der steckt noch tiefer im Wahlkampf als die CSU. Am 30.August tritt der rote Oskar als Spitzenkandidat bei der Saarlandwahl an. Er will in Saarbrücken wieder Ministerpräsident werden und dort Unions-Mann Peter Müller ablösen. Nun pusht Gauweiler Lafontaine – ziemlich unwahrscheinlich, dass Müller hierfür Dankes-Faxe nach München schickt.

Gauweiler selbst sieht das Wahlkampf-Spektakel dagegen ziemlich entspannt: „Das ist doch erfrischend“, sagt er zur AZ, „Wahlkampf ist doch immer Pro und Kontra“ – mit dem Unterschied eben, dass er Rede und Gegenrede in einer Veranstaltung vereine. In der Tat ist der Abend auf dem Plakat als „Kontroverse um Deutschlands Zukunft“ angekündigt. Es sei also keine Argumentation im Gleichklang zwischen den beiden persönlichen Freunden zu erwarten, sondern eher Auseinandersetzung und Streit.

Und wenn sich die eigene Partei nun doch massiv Ärger macht? „Dann tut mir das natürlich leid“, sagt Gauweiler mit entwaffnendem Witz in der Stimme. „Ich finde es toll, dass mich meine Partei so lange ausgehalten hat“.

Dies beruht bei vielen im CSU-Establishment auf Gegenseitigkeit – auch wenn es jüngst unter dem neuen Chef Seehofer wieder eine Annäherung gab. Seitdem Vorvorgänger Edmund Stoiber den damaligen Umweltminister Gauweiler aus dem Kabinett drängte, herrschte Funkstille zwischen der Partei und ihrem schwarzen Peter. Jüngst dagegen durfte Gauweiler beim Parteitag wieder aufs Podium: Seine Europa-Klage verschaffte ihm bei Seehofer Anerkennung.

Gauweiler nimmt das ebenso gelassen hin wie das Gegenteil – seine Unabhängigkeit von der Parteihierarchie ist seit dem Rauswurf durch Stoiber fast schon sprichwörtlich. Wohl auch deswegen tritt er so gerne mit dem politischen Gegner auf: Erst kürzlich hatte er schon eine gemeinsame Veranstaltung mit dem Grünen-Abgeordneten Jerzy Montag. Und dazu kommt noch ein Kalkül, über das offen keiner spricht: Was Grünen und Linken nutzt, schadet zugleich der SPD. Und die ist beim Kampf um die Erststimmen im Wahlkreis immer noch der Hauptgegner jedes CSUlers.

Frank Müller

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