Gauck ermutigt Kroatien zu Reformen und Aussöhnung
Bundespräsident Joachim Gauck hat Kroatien zu weiteren Reformen auf dem Weg in die EU und zur Aussöhnung mit den Nachbarländern aufgerufen.
Zagreb - "Es gibt noch ein paar Aufgaben zu erledigen", sagte Gauck in Zagreb nach einem Treffen mit dem kroatischen Präsidenten Ivo Josipovic.
Bis zum angestrebten Beitritt in die Europäische Union am 1. Juli 2013 müssten weitere Wirtschaftsreformen sowie Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung folgen. Für die Aufarbeitung der Vergangenheit sollten die historischen Fakten auf den Tisch.
Für den EU-Beitritt Kroatiens zeigte sich Gauck insgesamt optimistisch: "Die Tür ist weit aufgetan", sagte er. Die in den Beitrittsverhandlungen mit der EU geforderten Rechtsstaats-Reformen entwickelten sich positiv, seien aber noch nicht abgeschlossen. Es gebe in Deutschland keine anti-kroatische Haltung, wohl aber eine in der Eurokrise gewachsene Vorsicht.
Der Bundestag werde den EU-Beitritt des Landes als 28. Mitglied "mit großem Ernst und Gewissenhaftigkeit" prüfen, sagte Gauck. Angesichts der Krise in Europa werde man "viel genauer hinschauen" als bei früheren EU-Beitritten. "Der Ball liegt im Feld der Kroaten", hatte er schon zuvor betont.
Präsident Josipovic versicherte bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Gauck: "Kroatien wird ein erfolgreicher und verlässlicher Partner in der EU sein." Er sagte weitere Reformen in Justiz und Verwaltung zu sowie notwendige Anpassungen in der Wirtschaftspolitik, etwa bei den Werften.
Zum Auftakt seines offiziellen Antrittsbesuches war Gauck am Morgen in Zagreb mit militärischen Ehren begrüßt worden. Später traf er auch mit Regierungschef Zoran Milanovic zusammen. Am Nachmittag sollten Gauck und der kroatische Präsident an der Universität Zagreb an einer Podiumsdiskussion zum Thema "Moral und Politik" teilnehmen.
Bei der Begegnung im Präsidentenpalast, der in den 60er Jahren für den damaligen jugoslawischen Staatschef Josip Broz Tito gebaut worden war, spielten auch die Folgen der Balkankriege und die belasteten Beziehungen zu den Nachbarländern wie Serbien und Bosnien-Herzegowina eine Rolle. Es habe auch auf der kroatischen Seite Fehler und Verbrechen gegeben, räumte Josipovic ein. Deren Aufklärung könne zu einer neuen nationalen Identität führen.
Gauck sagte, man habe in Deutschland die Begeisterung der Kroaten über den Freispruch der Generäle Ante Gotovina und Mladen Markac vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal nicht richtig verstanden. Er wünsche sich angesichts der Vergangenheit einen "Prozess der Selbstüberprüfung". "Versöhnung ohne Wahrheit wird scheitern", sagte er. Auch die deutsche Aufarbeitung der nationalsozialistischen wie der kommunistischen Vergangenheit habe gezeigt: "Die Würde der Fakten, die historische Wahrheit muss auf den Tisch."