EU-Urteil: Prüfung der Homosexualität als Asylgrund
Wer wegen einer Verfolgung als Homosexueller Asyl in Europa sucht, muss mit Nachfragen der Behörden rechnen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am Dienstag entschieden. Allerdings müssen dabei die Grundrechte gewahrt bleiben - und nicht auf jede Frage muss ein Bewerber antworten.
Luxemburg - Im konkreten Fall ging es um drei Personen, die in den Niederlanden Asyl beantragt hatten. Sie fürchteten nach eigenen Angaben eine Verfolgung in ihren Herkunftsländern. Die niederländischen Behörden wiesen die Anträge aber als unglaubwürdig zurück. Der EuGH mahnte in seinem Urteil eine sorgsame und vorurteilsfreie Prüfung an.
Die Richter erklärten weiter, zwar dürften die Behörden Asylbewerber zu "Ereignissen und Umständen, die die behauptete sexuelle Ausrichtung eines Asylbewerbers betreffen" befragen - aber nicht zu Einzelheiten ihrer sexuellen Praktiken. Dies verstoße gegen das Recht auf die Achtung des Privat- und Familienlebens. Somit erklärten die Richter auch jegliche "Tests" oder "Beweise" der sexuellen Orientierung für tabu.
Schließlich unterstrichen die Luxemburger Richter den "sensiblen Charakter der Fragen, die die persönliche Sphäre einer Person, insbesondere ihre Sexualität, betreffen". Eine zögerliche Auskunft dürfe daher nicht als Beleg mangelnder Glaubwürdigkeit eingestuft werden. In dem Urteil erläutern die Richter auch, wann ein Nachweis der Homosexualität als Asylgrund nicht nötig ist - etwa, wenn die Aussagen des Antragstellers kohärent und plausibel sind.
Einige Reaktionen auf diese Entscheidung des Europäischen Gerichtshof lauten beispielsweise wie folgt.
Manfred Bruns vom Lesben- und Schwulenverband Deutschland: Der EuGH habe "klargestellt, dass die Asylbehörden die Aussagen von homosexuellen Asylsuchenden nicht allein deshalb als unglaubwürdig werten dürfen, weil sie ihre sexuelle Ausrichtung nicht sofort als Verfolgungsgrund geltend gemacht haben."
Volker Beck und Luise Amtsberg von der Bundestagsfraktion der Grünen: "Das Urteil ist zu begrüßen, da es der würdeverletzenden Praxis pseudo-medizinischer "Tests" zum Nachweis der sexuellen Orientierung ein Ende bereitet."
Birgit Sippel (SPD-Europaabgeordnete): "Das Urteil ist klar. Die Behörden können nicht einfach tun und lassen, was sie wollen. Detaillierte Befragungen zu sexuellen Praktiken und die Forderung expliziter Beweise wie Fotos oder Filme sind nicht zulässig."
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