Empörender Deal
Wie hoch ist die gefühlte Erpressbarkeit durch die Konzerne? Anja Timmermann, AZ-Redakteurin, über den geplanten Verzicht auf die Atomsteuer.
Die neueste Idee von Schwarz-Gelb: Man könnte den Atomkonzernen die Zustimmung zum Ausstieg durch einen Verzicht auf die Brennelementesteuer abkaufen. Einer der Skeptiker in der Koalition fürchtet allerdings, die Bevölkerung könnte das als „Deal“ empfinden. Achja, warum nur? Natürlich ist das ein Deal, und einer der empörendsten seit langem.
Schon bei der Laufzeitverlängerung gab es allerlei Hinterzimmergemauschel zwischen Kanzlerin und Konzernen. Eines der wenigen guten Dinge war die Brennelementesteuer – ein Beitrag der Branche zur Sanierung des maroden Atomlagers Asse; fair genug. Wenn sie jetzt kippt, ist es wieder allein der Steuerzahler, der für den strahlenden Müll zahlen muss. Und ebenso schwer wiegt der unangenehme Beigeschmack: Warum muss in einer Demokratie einer Klientelgruppe die Zustimmung auf Kosten der Allgemeinheit abgekauft werden? Wie hoch ist die gefühlte oder echte Erpressbarkeit der Regierung durch vier Konzerne?
Oder ist es alte Verbundenheit, einer lange gehätschelten Branche nochmal was Gutes zu tun? Wenn es Schwarz-Gelb ernst meint mit der Energiewende, warum zieht sie sie nicht einfach durch?
So aber schadet es der Glaubwürdigkeit von Union und FDP erneut: Die Mehrheit der Bürger hält den plötzlichen Anti-Atom-Kurs ohnehin für eine taktische Finte. Viele eigene Anhänger hat man durch ihn vergrätzt. Und die, auf deren Beifall man neuerdings schielt, vergrault man nun noch durch diesen Deal.
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