Drohungen aus Lissabon

Seehofer denkt laut über Änderungen bei den Öffentlich- Rechtlichen nach. Gemunkel über Söder und Dobrindt
von  Angela Böhm
Zu Gast bei einem Staatsoberhaupt: Horst Seehofer gestern mit dem portugiesischen Präsidenten Anibal Cavaco Silva.
Zu Gast bei einem Staatsoberhaupt: Horst Seehofer gestern mit dem portugiesischen Präsidenten Anibal Cavaco Silva. © Foto: dpa

MÜNCHEN/LISSABON Offensichtlich hatte ihn der Name des Restaurants in Lissabon angespornt: Im „Arriba“ (in etwa „aufwärts“) traf Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer am Sonntagabend in Portugal auf die CSU-Fraktion. Bei Lombo de Porco (Schweinelendchen) mit Topinambur, einem exotischen Knollengemüse, schwang er sich auf zu einer Offensive gegen die Medien. Nach Berichten von Teilnehmern stellte Seehofer die öffentlich-rechtlichen Sender in Frage: Ob es die überhaupt noch brauche? Er sei schon mit der Kanzlerin im Gespräch, da grundlegend was zu ändern: an der Finanzierung und an der Politiker-Präsenz in den Gremien.

Die Nerven liegen blank beim Betriebsausflug der Landtagsabgeordneten nach Lissabon. Während die einen abwiegeln, das sei doch nur Seehofers Rede von den Medientagen gewesen, sehen andere darin eine „offensive“ Retourkutsche gegen das ZDF. Das hatte sich nicht von Seehofers Parteisprecher Hans Michael Strepp einschüchtern lassen. Er hatte am Donnerstag zurücktreten müssen, weil er bei dem Mainzer Sender eine Berichterstattung über den SPD-Nominierungsparteitag von Christian Ude zu verhindern versuchte.

Fraktionschef Georg Schmid giftete von Lissabon aus via „Bild“ gegen die ZDF-Journalisten. „Soll doch einer der Redakteure, der SMS oder Drohanrufe von uns erhalten haben will, eine eidesstattliche Versicherung leisten!“ Für SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher ist das „ein gravierender Vorgang“ – und die zweite Attacke auf die journalistische Integrität des ZDF. Nun versuche die CSU, die Glaubwürdigkeit der Redaktion zu unterminieren.

Wenigstens einer konnte am Wochenende durchatmen. Der angeschlagene Generalsekretär Alexander Dobrindt. Ihm trauen selbst in der CSU fast alle zu, dass er seinen engsten Mitarbeiter Hans Michael Strepp beauftragt hatte, beim ZDF einzugreifen.

In den Fokus war nun Finanzminister Markus Söder geraten. Seine Sprecherin Ulrike Strauß hatte sich beim BR über einen bereits gesendeten Beitrag beschwert und sogar beim Vize-Chefredakteur zuhause angerufen. Der Beitrag wurde nicht mehr wiederholt.

Söder war am Samstagabend nach Lissabon gereist und hatte sofort allen erklärt, dass sein Fall ganz anders und überhaupt nicht zu vergleichen sei mit dem von Dobrindt und Strepp. „Gespenstisch, wie sich da einer auf Kosten des anderen entlastet“, wundert sich einer aus der Fraktion. Auch Seehofer war nicht begeistert. Kurz und kühl habe er mit Söder im „Arriba“ geredet. „Heiter und entspannt sieht anders aus“, meinte ein Beobachter.

Söder war auch der erste, der sich bei der Affäre um Strepp eingemischt und indirekt dessen Rücktritt gefordert hatte. Er ist überzeugt, dass Dobrindt keinerlei strategisches Geschick habe, heißt es in der CSU. Dort blühen die Verschwörungstheorien: Dobrindt habe die BR-Geschichte lancieren lassen, um Söder eine auszuwischen. Heute landet die CSU-Fraktion wieder in München.

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