Die Ohrfeige aus Karlsruhe
Das Urteil der Verfassungsrichter ist eine saftige Watschn für die schwarz-gelbe Regierung. Und damit das auch wirklich klar wird, hat es der oberste Richter Andreas Voßkuhle jenseits aller Juristerei gestern noch extra dazugesagt: Es sei „ernüchternd“, dass man der Regierung drei Jahre Zeit für eine Neuregelung des verfassungswidrigen Wahlrechts gibt – und dann ist die schon wieder verfassungswidrig. Bleibt die Frage: Können die’s einfach nicht besser – oder war es pure Absicht?
Viel spricht für letzteres. Denn das Grundübel im beanstandeten Wahlrecht sind die berüchtigten Überhangmandate. Und die nützen rechnerisch immer der stärkeren der beiden großen Parteien – das ist halt meist die Union. 24 Überhangmandate hat sie allein bei der letzten Wahl kassiert, dafür hätte sie 1,6 Millionen Wählerstimmen zusätzlich gebraucht. So ein Geschenk wollte sie bei der Neufassung des Wahlrechts nicht so einfach hergeben.
Für die FDP gab es Grund genug, da gerne mitzumachen: Außer der Union hat sie – derzeit – niemanden, der mit ihr regieren wollen würde. Da kann man’s ja mal versuchen, vielleicht fällt’s ja nicht auf. Wer befasst sich schon gerne mit so sperrigen Monstern wie dem negativen Stimmgewicht und klagt gleich wieder. Doch jetzt ist die zweite Fassung auch kassiert. Wenn die Regierung Anstand hat, macht sie jetzt zügigst zusammen mit der Opposition ein neues Wahlrecht.
Ein gutes. Denn aktuell könnte es mangels Wahlrecht nicht einmal Neuwahlen geben.