Die letzte Chance
Eins muss man den Griechen lassen: Sie sind schon tapfer. Sie haben das Lager gewählt, das den drastischen Sparkurs fortsetzen will, obwohl die Lage bitter genug ist. Sie haben nicht denjenigen gewählt, der ihnen versprochen hat, dass auch ohne alles gut wird. Und sie haben ausgerechnet (zähneknirschend) Antonis Samaras gewählt, einen eitlen Egoisten aus dem Establishement, den 80 Prozent der Griechen – mit einigem Recht – für unsympathisch halten.
Aber er war halt der einzige aussichtsreiche Bewerber, der gleichzeitig zur Wahl und für den Verbleib im Euro stand. So blieb den Griechen, so bleibt jetzt der EU nichts anderes übrig, als ihn beim Wort zu nehmen. Es ist die letzte Chance. Im Idealfall kann es klappen. Das setzt erstens voraus, dass Samaras erfolgreich eine Regierung bildet – zur Not nur mit den Sozialisten.
Und zweitens, dass die EU Griechenland entgegenkommt. Dass sich was ändern muss in dem Land, ist klar: effiziente Steuereintreibung, weniger Korruption und Klientelbegünstigung, gern auch weniger Geld fürs Militär. Dass sich am Sparkurs was ändern muss, aber genauso. Dass zu schnell und falsch gespart wird, räumen selbst Troika-Prüfer ein.
So wird die Krise erst recht verschärft. Ja, die Sanierung der Tunnelwände ist dringend notwendig, aber die Griechen brauchen auch ein Licht am Ende des Tunnels. Dann kann es gehen, jetzt ist das Fenster dafür offen. Wenn diese Chance nicht genutzt wird, kommt wohl keine mehr.
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