Deutschland drittgrößter Waffenexporteur
Rund eine Milliarde Euro mehr als im Vorjahr - das deutsche Rüstungsgeschäft boomt. Weil kaum jemand darüber sprechen möchte, tun es die Kirchen. Sie kritisieren insbesondere die Lieferungen an Entwicklungsländer.
Die deutschen Rüstungsexporte steigen nach Angaben der Kirchen weiter an. Die Regierung habe 2007 Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter im Wert von 8,7 Milliarden Euro erteilt, 2006 seien es 7,7 Milliarden Euro gewesen, berichteten die Vorsitzenden der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE), die Prälaten Stephan Reimers und Karl Jüsten. Deutschland sei weiter drittgrößter Rüstungsexporteur - nach den USA und Russland, hieß es unter Bezug auf das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri. Reimers: «Die Welt wird nicht sicherer mit noch mehr Waffen.»
Bei den Zahlen zu den deutschen Rüstungsexport-Genehmigungen beruft sich die Organisation auf Angaben, die die Regierung dem Bundestag und der Europäischen Union gemacht habe. Das zuständige Bundeswirtschaftsministerium äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht. Die GKKE beklagte, die Regierung informiere die Bürger nur schleppend. Sie hätte längst einen eigenen Bericht vorlegen müssen. Der Bundestag wiederum komme seiner Kontrollfunktion nicht nach. Seit vier Jahren habe das Parlament nicht mehr über die Rüstungsexportberichte beraten.
«Einer muss ja Opposition betreiben»
Die Kirchen-Konferenz legte zum zwölften Mal einen eigenen Rüstungsexportbericht vor. Jüsten sagte: «Wir hatten gehofft, dass wir das nicht mehr machen müssen. Aber einer muss ja Opposition betreiben. In diesem Fall sind es die Kirchen.» Sie kritisierten die Genehmigungen für Rüstungsexporte in Länder mit schweren Gewaltkonflikten, darunter Indien und Pakistan. Das widerspreche den politischen Richtlinien der Bundesregierung. Sie solle den 2007 erteilten positiven Vorentscheid für die Lieferung von drei U-Booten an Pakistan widerrufen und die Zusage einer staatlichen Ausfallbürgschaft in Höhe von gut einer Milliarde Euro zurücknehmen, forderte Jüsten. «Wir sind uns bewusst, dass diese Option eines Widerrufs noch nie genutzt wurde.» In diesem Fall sei das aber nötig.
Ein Viertel der Waffen geht an Entwicklungsländer
Höchst kritisch seien auch die Lieferungen an Entwicklungsländer. 24 Prozent aller Einzelausfuhr-Genehmigungen seien an Staaten gegangen, die als Empfänger von Entwicklungshilfe eingestuft seien. Unterstützt wird die GKKE in ihren Recherchen etwa von der hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung mit dem Experten für Rüstungsexporte, Bernhard Moltmann. Er nannte als Lieferanten von Waffen, Gerät und Munition die Howaldtswerke-Deutsche Werft GmbH (HDW), den Werftenverbund ThyssenKrupp Marine Systems, Krauss-Maffei Wegmann, Rheinmetall AG und EADS. Er betonte, das seien nur die großen Firmen. Hinzu kämen viele kleine und mittelständischen Betriebe.
Wo kommen die Waffen hin?
Deutschland liefert Moltmann zufolge immer mehr Waffen für internationale Friedensmissionen - etwa an die Afrikanische Union (AU). Es stelle sich aber die Frage: «Bleiben die Waffen da, wohin sie geliefert wurden?» In dem Bericht der GKKE heißt es, nach der Baubranche sei der Rüstungssektor der Wirtschaftszweig mit den häufigsten Fällen von Bestechung - begünstigt durch Faktoren wie die Geheimhaltung von Rüstungstransfers. Die Kirchen begrüßten das Osloer Abkommen zum Verzicht auf Streumunition. Sie beklagten aber, dass die wichtigsten Hersteller und Nutzer dieser Munition wie die USA die Unterzeichnung verweigerten. Moltmann sagte, es gebe «ungeklärte Vorräte» an Streumunition, die amerikanische Truppen in Deutschland lagerten. (dpa)
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