"Der Ausstieg muss sozial verträglich sein"
Liebenberg - Beim Atomausstieg spielen sie eine entscheidende Rolle: 17 Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft und Kirche bilden die Ethik-Kommission „Sichere Energieversorgung” der Bundesregierung. Bei einer Klausurtagung im brandenburgischen Liebenberg hat der „Rat der Weisen” über die Zukunft der Atomkraft diskutiert. Auch Alois Glück, langjähriger Chef der CSU-Landtagsfraktion, gehört dazu. Die AZ hat mit ihm über den Energiekonsens, Strompreise und die Risiken der Kernenergie gesprochen.
AZ: Drei Tage, 17 Köpfe – das klingt nach einer Herausforderung.
ALOIS GLÜCK: Die Ethik-Kommission ist ein Spiegelbild einer großen gesellschaftlicher Bandbreite. Hier bildet sich im Kleinen ab, was im Großen realisiert werden muss. Herausforderung ist es, aus einem Streitthema ein Gemeinschaftsprojekt für die Zukunft zu entwerfen, das auch von der Mehrheit der Bevölkerung getragen wird.
Wie tragen Sie zu einem wirksamen Konsens bei?
Es geht uns unter anderem um die Diskussion über Risiken. Was ist Menschen zumutbar? Wir wollen Wege aufzeigen, diese Sachverhalte ethisch zu bewerten und Verantwortung zu übernehmen.
Wie schafft man die Energiewende?
Atomausstieg und Ausbau regenerativer Energien müssen synchron verlaufen. Der Ausstieg muss vor allem sozial verträglich geschehen und mit einer angemessenen Geschwindigkeit ablaufen. Eine Energielücke darf dabei nicht entstehen, das wäre katastrophal.
Viele Bürger fürchten einen Anstieg der Strompreise.
Natürlich wird die Kostenfrage eine Rolle spielen. Es ist daher absolute Klarheit darüber notwendig, was auf die Verbraucher und die Wirtschaft zukommt.
Ihre persönliche Position zur Energiewende?
Ich befürworte sie. Wir haben heute eine veränderte Situation im Vergleich zu Tschernobyl. Damals hatte man nur fossile Energieträger als Alternative. Heute hat sich das geändert. Wir müssen die regenerativen Energien forcieren.
Das beste Argument dafür?
Kernenergie birgt Langzeitrisiken. Man kann und darf die Probleme der Atommüll-Endlagerung nicht an zukünftige Generationen weitergeben.
Was im Kleinen gelingt, soll auch im Großen Erfolg haben: Die Ethik- Kommission der Bundesregierung besteht aus 17 Vertretern unterschiedlicher gesellschaftlicher Bereiche und soll einen Konsens für die Energiewende finden. Vorsitzender der Kommission ist der frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU).
Nach Abschluss ihrer dreitägigen Klausurtagung am Mittwoch hat Töpfer die Bedeutung der Energiewende für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands betont. „Wir gehen davon aus, dass das, was vor uns steht, so eine Art neue industrielle Revolution ist“, sagte er. So plädiert er auch für eine neue Energieversorgungsstruktur. Es gehe darum, „auf die Kernenergie in Deutschland zu verzichten“ - ohne dabei die Klimaschutzziele oder die Fragen der Sozialverträglichkeit zu vernachlässigen.
Deutschland solle sich nicht in die Tasche lügen, indem Atomstrom importiert werde. Bis zum 27. Mai wird die Kommission der Bundesregierung einen Abschlussbericht vorlegen. Zusammen mit den Ergebnissen der Sicherheitsprüfung aller deutschen Atomkraftwerke soll er die Grundlage für den Zeitpunkt des Ausstiegs bilden. Auf ein Datum, das man der Kanzlerin vorschlagen will, hat sich der Ethik- Rat noch nicht festgelegt.
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