Der abgeschottete Oberst
Georg Klein, der Mann, der den umstrittenen Angriff auf die Tanklaster befahl, sagt im Bundestag aus: „Umfassend“, wie es heißt. Aber keiner darf ihm zuhören oder zusehen
BERLIN Verhängte Fenster, heruntergelassene Sichtblenden an den Türen: Der Berliner Reichstag bot gestern nicht gerade ein transparentes Bild. Obwohl eigentlich Offenheit angekündigt war beim mit Spannung erwarteten ersten Zeugenauftritt im Afghanistan-Untersuchungsausschuss. Denn vorgeladen war der Befehlshaber in der verhängnisvollen Nacht vom 4. September: Oberst Georg Klein. „Umfassend“ wolle dieser Rede und Antwort stehen, kündigte Kleins Anwalt Bernd Müssig vor der Sitzung an.
Dass dies nur hinter den verschlossenen Ausschusstüren geschehen würde, war schon vorab klar gewesen. Wie sehr der Bundestag Deutschlands wahrscheinlich bekanntesten Soldaten aber abschirmen würde, das überraschte gestern dann doch. Abdunkelungen an Fenstern und Türen, ein Umzug des gesamten Gremiums in einen schwer zugänglichen Konferenzraum im zweiten Stock des Reichstags: Klein war zugesichert worden, dass es von ihm kein Bild und keinen Auftritt in der Öffentlichkeit geben sollte. Und das bei einem Mann, dessen Bilder aus Afghanistan um die Welt gingen nach dem von Deutschen befohlenen Angriff auf afghanische Tanklaster, bei dem bis zu 142 Menschen starben, darunter viele afghanische Zivilisten.
Über die Garage eingeschleust
Und so kam Klein gestern mit seinem Anwalt direkt aus der Bundestags-Tiefgarage per Aufzug in den für die Öffentlichkeit gesperrten Bereich im zweiten Stock. Die letzten Meter zum Saal waren mit Sperrwänden verstellt. Und was Klein der Öffentlichkeit zu sagen hatte, las sein Anwalt auf der Treppe den Journalisten vor: „Sie werden wissen, dass wir einer strikten Geheimhaltungspflicht unterliegen und deswegen berechtigten Erwartungen vielleicht nach konkreten Antworten und Fakten nicht entsprechen können.“ Klein, so Anwalt Müssig weiter, sei „zunehmend einer massiven Vorverurteilung“ ausgesetzt. Klein sei bewusst gewesen, dass in dieser Nacht „jede Entscheidung, egal wie sie ausfiel, auch Nichthandeln, auch Unterlassen, weitreichende Folgen haben musste.“
Menschlich, nicht eiskalt
So wenig von Klein auf offener Bühne zu sehen war: Hinter den Kulissen machte der 49-Jährige offenbar Eindruck. Aus allen Fraktionen gab es Lob dafür, dass Klein sich überhaupt gestellt hatte. Weil ihm Ermittlungen drohen, hätte er sich auch auf sein Schweigerecht berufen können.
Eineinhalb Stunden erklärte Klein zum Auftakt der Sitzung seine Sicht des Einsatzes, insgesamt dauerte sein Auftritt fünf Stunden. Abgeordnete der Koalition zeigten sich danach überzeugt: CDU-Mann Ernst-Reinhard Beck sagte, Klein habe sich menschlich und „nicht als eiskalter Kommandeur“ gezeigt.
SPD-Politiker Rainer Arnold meinte dagegen, der Bombenabwurf müsse nach wie vor als falsch angesehen werden. Richtig oder falsch – in der Erklärung seines Anwalts hatte sich Klein nachdenklich gezeigt: „Jedes Opfer, jeder Tote ist einer zuviel.“
mue
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