Bürger Clement lässt nicht locker

Freundlicher in der Art, aber hart in der Sache: Ex-Minister Wolfgang Clement sagt Hessens Sozis "sorry".
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Wolfgang Clement erklärte sich vor der Presse
dpa Wolfgang Clement erklärte sich vor der Presse

BONN - Freundlicher in der Art, aber hart in der Sache: Ex-Minister Wolfgang Clement sagt Hessens Sozis "sorry".

Wolfgang Clement hat es eilig: Zwei Minuten vor der vereinbarten Zeit beginnt der derzeit umstrittenste deutsche Sozialdemokrat gestern Mittag in einem Bonner Hotel seine improvisierte Pressekonferenz. Gut gebräunt vom Italienurlaub und lässig gekleidet in Hemd, T-Shirt und weißer Hose stellt sich Ex-Superminister vor die romantische Rhein-Kulisse, äugt über seine Lesebrille und schießt ein rhetorisches Feuerwerk an freundlichen Worten und feinsinnigen Bosheiten ab.

Er wolle nicht zum Parteiausschlussverfahren gegen sich Stellung nehmen, sondern lediglich Klarstellungen „zu den Weiterungen“ vornehmen, die die öffentliche Debatte über seinen SPD-Ausschluss mit sich gebracht habe, säuselt Clement und ruft zur verbalen Abrüstung auf. Freimütig räumt der frühere NRW-Ministerpräsident ein, dass er in einem Zeitungskommentar eine Woche vor der Hessen-Wahl „recht pointiert, recht kritisch“ Stellung genommen habe zu den energiepolitischen Äußerungen der Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti. Clement bestreitet zwar, damals zur Nicht-Wahl der SPD aufgerufen zu haben. Im Nachhinein an seinen Worten „herummeißeln“ wolle er aber auch nicht, ringt sich der 68-Jährige zu einer Art Entschuldigung durch: „Wenn hessische Parteifreunde möglicherweise in ihren Gefühlen verletzt wurden oder sich durch mich im Stich gelassen fühlten, möchte ich den Betroffenen mein Bedauern ausdrücken. Mir täte es leid und mir tut es leid, wenn es durch meinen Kommentar zu solchen Reaktionen gekommen ist.“

Inhaltlich nimmt Clement freilich kein Jota zurück und beharrt darauf, dass „das Energiekonzept der hessischen SPD, das gut gemeint sein mag, in die Irre“ führe. Wer glaube, Deutschland könne in absehbarer Zeit auf Kohle und Atom verzichten, setze den Energiestandort Deutschland und Zigtausende Arbeitsplätze aufs Spiel. Im Übrigen wolle er sich weiter „publizistisch und verbal an der Diskussion beteiligen, droht Clement an: „Ich bin ein ganz normaler Bürger und werde auch in Zukunft von meinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch machen.“ Schon Sozi-Urvater Ferdinand Lassalle habe gesagt: „Politik ist auszusprechen, was ist.“

Und aus Clements Sicht gibt es vieles auszusprechen: Die Agenda 2010 dürfe keinesfalls zurückgedreht werden, lobt er die eigene Leistung als Minister und dankt seinen Spezln Gerhard Schröder und Otto Schily, der ihn „für einen Euro“ vor dem Schiedsgericht verteidigt. Weitere Reformschritte müssten folgen. Eine Regierung, die sich auf die Linke stützt, halte er in Hessen für ausgeschlossen, bekommt die Genossin Ypsilanti ebenso eine Watschn wie Parteichef Beck: „Sowas muss das Präsidium klarstellen, anstatt den Landesverbänden zu sagen: ,Macht, was ihr wollt.’“

Am Schluss stellt Clement noch einmal klar: „Ansehen tut man es mir vielleicht nicht, aber ich bin und bleibe Sozialdemokrat.“ Die Partei reagiert mit einem kollektiven Seufzer der Erleichterung: Beck sieht ein „gutes Signal“ Clements, Steinmeier gibt sich „erleichtert“ und selbst der linke Ralf Stegner knurrt: „Das war ein positiver Schritt“.

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