Blanke Nerven

"Wenn die SPD so weitermacht, sieht es düster für sie aus." Die AZ-Redakteurin Anja Timmermann über den Zwist in der SPD-Führung.
von  Anja Timmermann

Diesen Versuch hat die SPD schon mal unternommen: mit einem Kanzlerkandidaten in den Wahlkampf zu ziehen, der seinen eigenen Kopf hat, eher in der Mitte steht und dem das Befinden der Basis vergleichsweise wurscht ist – und das an der Seite eines Parteivorsitzenden, der deutlich weiter links steht und den Kandidaten nicht wirklich schätzt. Aber 1998 hat es funktioniert: erstens, weil der Helmut-Kohl-Überdruss derart groß war, und zweitens, weil Gerhard Schröder sich die zur Glaubwürdigkeit nötige Beinfreiheit einfach genommen hat.

Wenn es so weiter geht, wird es 2013 nicht funktionieren. Erstens, weil Merkel zu fest im Sattel sitzt, als dass sich ihre Herausforderer viele Unwuchten erlauben könnten. Zweitens, weil offenkundig wird, wie dünn die Nerven von Peer Steinbrück sind. Was sicher auch daran liegt, dass er sich von den Genossen personell und programmatisch zu sehr einmauern hat lassen.

Doch seine Befreiungsschlagversuche wirken eher ungeschickt als entschlossen: Anfang der Woche hat er seinen Sprecher gefeuert, Ende der Woche seinen Parteichef öffentlich gerüffelt. Dass Gabriel sichtlich kein Fan des Kandidaten ist und ihn durch seine Alleingänge (siehe Tempolimit) nervt, macht die Verärgerung von Steinbrück nachvollziehbar. Dass er ihm aber öffentlich den Zeigefinger zeigt, wirkt unsouverän: Hat er nicht die Durchsetzungsfähigkeit, das intern zu klären? Wenn die SPD so weitermacht, sieht es düster für sie aus – übrigens auch in Bayern.

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