"Bereit für Neuwahlen"

Die Koalitionskrise in Bayern spitzt sich zu.Die CSU droht der FDP und SPD-Herausforderer Ude wittert seine Chance. Seehofer will nach dem Krisengipfel tanzen gehen
Angela Böhm |
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Hohn und Spott für die Koalitionskrise von CSU und FDP: Seehofer-Herausforderer Christian Ude
Frank Leonhardt/dpa Hohn und Spott für die Koalitionskrise von CSU und FDP: Seehofer-Herausforderer Christian Ude

Die Koalitionskrise in Bayern spitzt sich zu. Die CSU droht der FDP und SPD-Herausforderer Ude wittert seine Chance. Seehofer will nach dem Krisengipfel tanzen gehen

MÜNCHEN Die Koalitionskrise in Bayern verschärft sich. Eine Lösung im Krach zwischen CSU und FDP ist nicht in Sicht. Und SPD-Herausforderer Christian Ude wittert seine Chance.

„Ich bin bereit für Neuwahlen“, sagt Ude und überschüttete die wegen der Abschaffung der Studiengebühren verfeindete schwarz-gelbe Koalition mit Hohn und Spott. „Das wird lustig“, sagt Ude. Die CSU hat der FDP mit Neuwahlen gedroht, wenn sie weiter stur bleibt. „Eine dramatische Selbstdemontage“, erwartet Ude.

An ein Scheitern des Regierungsbündnisses aber glaubt der SPD-Spitzenkandidat nicht: „Es ist nur der Theaterdonner, der in Berlin von keinem mehr ernst genommen wird. Dann muss man als Wanderzirkus die Bühne wechseln. Es ist dasselbe Krokodil und dasselbe Kasperltheater. Und man hofft bei einem anderen Publikum noch Angst und Schrecken verbreiten zu können.“

In Berlin habe Seehofer darauf gepocht, dass die FDP sich an den Koalitionsvertrag hält und seiner „Herzensangelegenheit“ Betreuungsgeld, zustimmt. In Bayern sei es genau umgekehrt. Da will er aus dem Koalitionsvertrag raus, in dem sich CSU und FDP zu den Studiengebühren bekennen. „Die FDP wird bundesweit als nützlicher Idiot für den Machterhalt der CSU lächerlich gemacht“, lästert Ude.

Ein Kompromiss ist nicht in Sicht, wenn sich die Koalitionspartner an diesem Samstag zu ihrem Gipfel in der Münchner Staatskanzlei mit dem Ministerpräsidenten treffen. Eine lange Nacht, wie letztes Wochenende bei der Kanzlerin in Berlin, wird’s nicht. Um 19 Uhr ist Schluss. Dann geht Seehofer tanzen - auf den Presseball in Augsburg.

In der CSU werden unterdessen die Folterwerkzeuge für die FDP ausgepackt und Horror-Szenarien aufgemalt. „Wenn die FDP nicht einlenkt, könnte ja ein Teil unserer Abgeordneten mit der Opposition für die Abschaffung der Studiengebühren im Landtag stimmen“, sagt ein CSU-Stratege. Das wäre ein klarer Verstoß gegen den Koalitionsvertrag. „Wenn’s der FDP nicht passt, kann sie die Koalition ja auflösen“.

Das löst bei Ude regelrechte Jubelgefühle aus: „Die Regierung ist am Ende.“ Bereits mit seiner Kandidatur hatte er angekündigt als „erste Amtshandlung“ in der Staatskanzlei die Studiengebühren abzuschaffen. Die 180 Millionen Euro Ausfall sollen „in vollem Umfang aus der Staatskasse“ erstattet werden. Das will die CSU inzwischen auch.

Aber Ude geht noch weiter: Auch die Nichtakademiker sollen bei ihrer Berufsausbildung künftig nicht mehr zur Kasse gebeten werden. Eine Meisterprüfung kostete in Bayern durchschnittlich 7500 Euro. Einen Bedarf von rund 53,5 Millionen hat Ude dafür ausgerechnet. „Die Haushaltslage würde das erlauben“, so Ude. Denn die Koalition streitet sich dieses Wochenende auch noch darum, wie sie die 367 Millionen Euro Steuermehreinnahmen im nächsten Jahr verwendet.

 

So geht's in Bayern zur Neuwahl

Bayerns Verfassung sieht kein Misstrauensvotum gegen den Ministerpräsidenten vor. Allerdings fordert sie in Artikel 44, dass er vom Amt zurücktreten muss, „wenn die politischen Verhältnisse eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen ihm und dem Landtag unmöglich machen“. Das wird Seehofer sicher nicht tun.

Das Parlament aber kann sich nach Artikel 18 durch „Mehrheitsbeschluss seiner gesetzlichen Mitgliederzahl“ selbst auflösen. Nach spätestens sechs Wochen muss dann gewählt werden.

Für viele in der CSU ein „charmanter Gedanke“: Damit wäre der Streit um die Wahltermine für die Landtags- und Bundestagswahl überflüssig. Nur an zwei Sonntagen im Herbst 2013 hat kein Bundesland Ferien: am 15.und am 22.September. Innerhalb einer Woche müssten die Bayern dann zwei Mal an die Urne. Auch darüber will der Koalitionsgipfel reden.

Für die CSU gäb’s noch einen weiteren Vorteil: Nach den Umfragen hat SPD-Herausforderer Ude derzeit keine Chance. Vor drei Wochen lag die CSU bei Umfragen zu ihrem Parteitag bei 48 Prozent - und hätte die absolute Mehrheit. Es geht weiter nach oben: Im ARD-Deutschlandtrend legt die Union auf 40 Prozent zu. So viel hatte sie seit Dezember 2007 nicht mehr. Hochgerechnet auf Bayern sieht sich die CSU bei 50 Prozent.

Für die FDP geht’s beim Streit um die Studiengebühren ums Überleben: Sie braucht fünf Prozent.

Ude sieht trotzdem Wechselstimmung bei Neuwahlen: „Dann können CSU und FDP ihre gescheiterte Mésalliance nicht nochmal als Wunschbündnis hinstellen.“ Und eine Alleinherrschaft der CSU wollen die Bürger in Bayern nicht mehr. Auch das belegen die Umfragen.

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