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"Ausländer raus" auf Sylt: Partygänger aus München wohl in Skandal verwickelt – fristlose Kündigung

Junge Menschen grölen auf Sylt einen ausländerfeindlichen Songtext. Die Szene sorgt bundesweit für Aufsehen – auch in München.
dpa,
Alexander Spöri
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"Ausländer raus" und "Deutschland den Deutschen" skandieren in einem Nachtclub zahlreiche junge Menschen. Manche von ihnen sollen auch aus Bayern stammen.
"Ausländer raus" und "Deutschland den Deutschen" skandieren in einem Nachtclub zahlreiche junge Menschen. Manche von ihnen sollen auch aus Bayern stammen. © Screenshot X

München – Ein in den Sozialen Netzwerken kursierendes Video, in dem junge Menschen vor dem Lokal Pony auf der Nordsee-Insel Sylt rassistische Parolen grölen, stößt deutschlandweit auf Empörung.

In der nur wenigen Sekunden langen Aufnahme, die seit Donnerstag in den Sozialen Medien viral geht, singen junge Männer und Frauen zur Melodie des Party-Hits "L'amour toujours" von Gigi D'Agostino "Ausländer raus" und "Deutschland den Deutschen". Ein Mann scheint mit seinen Fingern auf der Oberlippe einen Hitlerbart anzudeuten.

In dem Clip ist außerdem zu sehen, wie die Umstehenden singen und wippen, sie haben Gläser mit Getränken in den Händen. An dem Gegröle scheint sich niemand zu stören.

Aufnahmen von Überwachungskamera: Betreiber ziehen harte Konsequenzen

Jetzt haben die Betreiber des Sylter Lokals klare Konsequenzen gezogen. Die gesamte Szene am späten Nachmittag des Pfingstsamstags sei von Überwachungskameras mit Ton aufgezeichnet worden, sagte Inhaber Tim Becker am Freitag. Man habe die Namen aller fünf Beteiligten an die Polizei gegeben. Auch die Überwachungsaufnahme sei der Polizei übermittelt worden.

Viele der insgesamt rund 300 Gäste hätten auf der Terrasse des Lokals den Song ganz normal mitgesungen. Das sei auf der Aufnahme zu hören. Auf der Überwachungsaufnahme sei aber auch zu sehen, wie einer der Beteiligten die kleine Gruppe mit seinem Handy gefilmt hat. "Das waren wirklich nur diese fünf Leute", sagte Becker. Ähnliche Vorfälle habe es im Pony bisher nicht gegeben. Eine Konsequenz sei, dass "L'amour toujours" künftig nicht mehr gespielt werde. "Uns war das komplett neu, dass das missbraucht wird."

Hausverbot für Beteiligte: "Auf Sylt brauchen die sich gar nicht mehr blicken lassen"

Becker befürchtet, dass etwas von dem Vorfall hängenbleiben wird, "auch wenn wir da wirklich aus unserer Sicht nichts für können". Man werde die Gäste künftig stärker animieren, rassistische Vorfälle den Türstehern zu melden.

Normalerweise könnte ein solcher Eklat in dem relativ kleinen Lokal nicht unbemerkt bleiben. Pfingsten sei mit der Großveranstaltung eine Ausnahme. Der Vorfall belaste die ganze Insel. "Alle sind traurig, dass das passiert ist. So etwas darf nicht sein."

Die fünf Beteiligten bekommen nach Beckers Überzeugung nicht nur im Pony lebenslanges Hausverbot. "Auf Sylt brauchen die sich gar nicht mehr blicken lassen. Wir haben ganz viele befreundete Gastronomen."

Rassistischer Vorfall erschüttert Politik: Olaf Scholz schaltet sich ein

Der Vorfall wirft aus Sicht von Bundesinnenministerin Nancy Faeser ein schlechtes Licht auf das ganze Land. "Wer Nazi-Parolen wie 'Deutschland den Deutschen –Ausländer raus' grölt, ist eine Schande für Deutschland", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

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Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat die rassistischen Vorkommnisse auf der Nordseeinsel verurteilt. "Ausländerfeindliche Parolen widersprechen allem, wofür das Grundgesetz steht", sagte der FDP-Politiker. "Wer so etwas grölt, hat nichts aus der Geschichte gelernt." Strafrechtlich relevante Äußerungen müssten Konsequenzen haben. Entsprechende Ermittlungen oblägen den zuständigen Behörden, wie Buschmann sagte.

Neben ihm hat auch Bundeskanzler Olaf Scholz den Vorfall scharf kritisiert. "Ganz klar: Solche Parolen sind ekelig, sie sind nicht akzeptabel", sagte der SPD-Politiker. "Und darüber darf es kein Vertun geben. Und deshalb ist es auch richtig, dass all unsere Aktivitäten darauf gerichtet sind, genau zu verhindern, dass das eine Sache ist, die sich verbreitet."

Polizei ermittelt: Waren auch Münchner bei Skandal-Party vor Ort? 

Das Fachkommissariat für Staatsschutz hat wegen des Videos bereits Ermittlungen wegen Volksverhetzung und des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen aufgenommen. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Flensburg und der Polizei richten sich den Angaben zufolge zunächst gegen die Personen, "die auf dem Video offensichtlich die oben genannten Äußerungen mitsingen bzw. Kennzeichen tätigen".

Erkenntnissen der Instagram-Satireseite "Münchner Gesindel" zufolge sollen unter den Tatverdächtigen auch Personen aus der bayerischen Landeshauptstadt sein. "Es geht grad ein äußerst rassistisches Video aus Sylt viral", heißt es in einem Beitrag. "In dem Video sind auch Münchner zu sehen, die mitmachen."

Wenn Münchner Tatverdächtige sich nicht selbst äußern: Instagram-Seite will Identitäten enthüllen

Bei ihnen soll es sich unter anderem um bekannte Gesichter aus der Partyszene handeln, wie einer der Betreiber der AZ bestätigt. Freunde, Arbeitskollegen und Familienmitglieder sollen sie identifiziert haben. Noch wollen die Betreiber den Betroffenen Zeit geben, um sich öffentlich zur Sache zu äußern. Sonst wollen sie die Beteiligten "öffentlich machen". Die Münchner Polizei hat sich zu den Anschuldigungen bisher auf Anfrage der AZ nicht geäußert.

Dagegen hat die Münchner Werbeagentur "Serviceplan Group", bei der einer der Partygänger angestellt war, bereits eine Entscheidung getroffen. "Mit Entsetzen haben wir heute erfahren, dass ein Mitarbeiter unserer Gruppe in die rassistischen Vorfälle auf Sylt am Pfingstwochenende verwickelt war", postete das Unternehmen auf seinem Instagram-Kanal.

Anzeige für den Anbieter Instagram über den Consent-Anbieter verweigert

Dem Angestellten wurde umgehend nach Bekanntwerden des Vorfalls die fristlose Kündigung ausgesprochen. "Wir sind ein weltoffenes Unternehmen und leben unser Leitbild der Stärke durch Vielfalt. Rassismus wird innerhalb der Agenturgruppe in keiner Form geduldet", hieß es in einer Erklärung dazu. 

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72 Kommentare
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  • Himbeergselchts am 28.05.2024 12:31 Uhr / Bewertung:

    Zu recht berichten Medien… TV und Journalisten in ganz Deutschland von diesem unglaublichen Auftritt.
    Politiker sind entsetzt, „nie wieder“, „wehret den Anfängen“, Kündigung der Gröler, Mahnwachen… es wurde Zeit, dass die Bürger aufbegehren. Das muss gestoppt und bestraft werden.
    Nun zum Schlosspark zu Stuttgart, nach dem Spiel Galatasaray Istanbul… „Ausländer raus“ Geschrei von Männergruppen südländischen Typs. Incl Filmaufnahmen und Fotos berichten zwei bis drei kommunale Blätter gestern, Montag. Die Echtheit der Aufnahmen wird geprüft.
    Fakt!

  • SagI am 26.05.2024 23:33 Uhr / Bewertung:

    Die größte Staatskrise seit 1948? So scheint es zumindest in den Medien, die mit dummen, provozierenden Betrunkenen- und -innen von den wirklichen Problemen (Gewaltkriminalität) und Gefahren (Rufe nach Kalifat, Israelfeindlichkeit) ablenken wollen.

  • Shelly am 26.05.2024 17:54 Uhr / Bewertung:

    Während man normalerweise maximal das Geschlecht erfährt, ein Mann, sind über die Übeltäter bereits alle Namen in veröffentlicht.
    Sie heißen Juri, Maximilian, Elisa, Christian und Moritz, kommen aus Bayern, engagierten sich mitunter in der lokalen CSU – und wurden nicht nur namentlich geoutet, sondern auch bei ihren Arbeitgebern angeschwärzt. Eine PR-Firma trennte sich von ihrem Mitarbeiter.
    Für die Tagesschau waren die Vorfälle sogar einen eigenen zwei Minuten und 12 Sekunden langen Beitrag wert, mitsamt fachkundigen Einschätzungen der Amadeus-Antonio-Stiftung, Vorsitzende Anette Kahane, ex Stasi-Mitarbeiterin.
    Die gleiche Tagesschau verzichtet gleichzeitig wohlgemerkt auf die Berichterstattung über jedes Tötungsdelikt durch Asylbewerber.
    Wie kann man dem Vorfall aus Sylt bundesdeutsche Relevanz beimessen, während in deutschen Städten täglich schwerste Gewaltdelikte stattfinden, die niemanden zu interessieren scheinen?
    Warum hat die Tagesschau gestern nicht über den 18-jährigen Türken

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